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Rede der Außenministerin Annalena Baerbock bei dem OSZE-Ministertreffen in Skopje
Wenn man an das letzte Jahr zurückdenkt, dann würden sicherlich viele das Treffen in Lodz nicht als wichtigstes politisches Signal sehen - jedenfalls medial. Ich glaube aber, es war eines unserer wichtigsten politischen Treffen im letzten Jahr: Der Ministerrat der OSZE im Dezember 2022. Denn durch den Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges hat Russland nicht nur die Ukraine und ihre Menschen angegriffen, sondern auch unsere europäische Friedens- und Sicherheitsordnung.
Wir haben in Lodz als 55 Staaten der OSZE deutlich gemacht, dass wir diesen zentralen Baustein unserer Sicherheitsarchitektur, unsere Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, zusammenhalten werden. Mit allem, was wir haben.
55 Länder, so unterschiedlich wie sie sind, so unterschiedlich wie wir sind. Von Zentralasien über die Republik Moldau, den Südkaukasus bis hin zum westlichen Balkan haben sich dafür entschieden, auf der Seite des internationalen Rechts, auf der Seite von Frieden und Freiheit zu stehen. Selbst wenn Russland versucht hat, mit einer Blockade des Budgets unsere Handlungsmöglichkeiten auf null zu setzen. Da Russland heute hier im Saal ist - der Außenminister offensichtlich, wie auch bei anderen Sitzungen, nur wenn er selbst spricht, aber nicht um anderen zuzuhören - sage ich an dieser Stelle noch einmal deutlich: Stoppen Sie diesen Krieg, der auch ein Krieg auf genau diese Organisation, auf Sicherheit und Kooperation in Europa ist.
Stoppen Sie das unsägliche Leid, das Sie über Millionen von Menschen bringen und mit dem Sie zugleich tagtäglich die Werte unserer Organisation, dieser Organisation hier verletzen. Dazu braucht es keine Verhandlungen, dazu braucht es schon gar keine Zugeständnisse der Ukraine. Es braucht eine Entscheidung Russlands, die Grundprinzipien dieser Organisation, der OSZE, einzuhalten, die Truppen zurückzuziehen und sich wieder für Frieden zu engagieren. Ebenso deutlich möchte ich unterstreichen, dass drei Mitarbeiter der OSZE-Beobachtermission nach wie vor in der Gefangenschaft Russlands sind und auch, dass das eine brutale Verletzung unserer gemeinsamen OSZE-Regeln ist.
Ich sage ebenso deutlich: Wir werden weiterhin alles dafür tun, dass, auch wenn dieser russische Angriffskrieg weitergeht, die OSZE nicht zerbricht. Denn wir haben gerade in den letzten Wochen gesehen, dass die Zukunft dieser Organisation und ihrer Werte wichtiger ist denn je, dass wir die OSZE immer wieder aufs Neue verteidigen müssen, wenn wir erhalten wollen, was sie für die Zusammenarbeit und den Dialog unserer Länder erreicht hat - als größte Sicherheitsorganisation der Welt.
Ich möchte dem Vorsitz, ich möchte Dir, lieber Bujar, und auch deinem Team dafür danken, dass ihr es im letzten Jahr genau geschafft habt, diese größte Sicherheitsorganisation der Welt am Leben zu erhalten. Mit ganz viel Kreativität, mit ganz viel Sonderbeiträgen. Auch dafür mein herzlicher Dank. Auch Deutschland hat einen erheblichen freiwilligen Beitrag zum Budget geleistet, um so wichtige Themen wie die Frage von Menschenrechten, von Freiheitsrechten, von Medienvielfalt, aber auch die Frage von Schutz von Frauen und Kindern immer wieder auf die Tagesordnung zu bringen, was eigentlich ohne ein reguläres Budget fast unmöglich gewesen wäre.
Stellvertretend dafür steht, liebe Helga Schmid, lieber Bujar Osmani, die erste Gender Equality Conference der OSZE, die organisiert wurde, um deutlich zu machen, dass insbesondere Frauen und Kinder in Konflikten am meisten leiden.
Ich bin dankbar, dass mit Malta jetzt ein neuer Vorsitz übernimmt, der ebenso gezeigt hat, dass er in den schwierigsten Momenten an Lösungen orientiert ist und pragmatisch handeln kann. Daher herzlichen Dank an Malta für die Übernahme des Vorsitzes 2024. Ich bin überzeugt, dass auch Estland diesen Vorsitz ebenso gut ausgefüllt hätte.
Aber ein Vorsitz allein reicht nicht aus. Gerade, um die wichtige Arbeit für die Menschen - unter dem Motto steht ja dieses Jahr die OSZE, „It's about people“ – um diese Arbeit für die Menschen fortzusetzen. Dafür brauchen wir eine Generalsekretärin wie Helga Schmid. Dafür brauchen wir eine Medienbeauftragten wie Teresa Ribeiro. Dafür brauchen wir einen Leiter von ODIHR wie Matteo Mecacci. Und dafür brauchen wir einen Minderheitenkommissar wie Kairat Abdrakhmanov. Ihnen allen möchte ich ebenso danken für Ihren unermüdlichen Einsatz während der letzten drei Jahre. Genau wie allen anderen Mitarbeitenden der OSZE, die die Werte dieser Organisation trotz der vielen Steine in ihrem Weg jeden Tag mit Leben füllen.
Ich halte es für dringend erforderlich, dass wir morgen die Verlängerung von diesen vier Personen gemeinsam beschließen. Arbeit funktioniert nur, wenn sie nicht ad hoc funktioniert, sondern langfristig. Deswegen war es guter Sinn und Zweck, dass die Arbeit auf drei Jahre angelegt ist. Das halten wir nach wie vor für richtig, dass die Arbeit auf drei Jahre ausgeführt wird.
Aber ich möchte ebenso unterstreichen: Wir werden nicht zulassen, dass eine Blockade der Handlungsfähigkeit dazu führt, dass die OSZE insgesamt nicht mehr arbeiten kann. Was allerdings nicht geht, ist ein Kompromiss von einem Kompromiss. Wenn es einen Kompromiss braucht, dann stehen wir bereit. Aber Kompromisse von Kompromissen sind keine Kompromisse mehr, sondern sie sind dann eine Vollblockade. In diesem Sinne möchte ich an alle hier appellieren; alle, die bereit sind, auch zuzuhören und nicht nur selbst hier Botschaften zu verkünden, dass wir alles dafür tun, die Handlungsfähigkeit unserer OSZE zu erhalten durch eine gemeinsame Entscheidung. Durch eine gemeinsame Entscheidung für die europäische Friedensordnung, durch eine gemeinsame Entscheidung für über 1 Milliarde Menschen in all unseren Ländern. So vielfältig wir sind, es geht jetzt darum, die OSZE zu retten.
Saving the OSCE means safeguarding our people, this is our responsibility.