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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 08.11.2023
Nahostkonflikt
Frage
Wichtige internationale Partnerländer der Bundesrepublik Deutschland im globalen Süden wie Chile, Kolumbien und Südafrika haben aus Protest gegen das israelische Vorgehen im Gazastreifen ihre Botschafter abgezogen. Südafrika spricht offiziell von einem Genozid, Kolumbien von einem Massaker an der palästinensischen Zivilbevölkerung und Chile von einem inakzeptablen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht. Teilt die Bundesregierung angesichts der aktuellen Zahlen von über 10 000 Toten ‑ laut UN-Angaben davon 67 Prozent Frauen und Kinder ‑ diese Einschätzung der deutschen Partnerländer im globalen Süden? Falls ja: Plant sie ähnliche Maßnahmen? Falls nein: Was spricht aus Sicht der Bundesregierung gegen diese Einschätzung der genannten Partnerländer?
Hoffmann (BReg)
Das ist ganz ausdrücklich nicht die Position der Bundesregierung. Wir sind der Ansicht, dass Israel nach dem brutalen und menschenverachtenden Angriff der Hamas, dem 1400 Israelis zum Opfer gefallen sind, das Recht hat, sich zu verteidigen, und dieses Recht auch dauerhaft hat, da die Angriffe auf Israel und die Bedrohung Israels andauern. Insofern sind wir der Meinung, dass Israel das Recht hat, sich da zu verteidigen.
Zusatzfrage
Kann das Auswärtige Amt sich noch dazu äußern?
Deschauer (AA)
Das Auswärtige Amt schließt sich den Äußerungen der stellvertretenden Regierungssprecherin an, und das haben wir hier in den vergangenen Tagen und Wochen ebenfalls regelmäßig deutlich gemacht.
Frage
Frau Hoffmann, UN-Generalsekretär António Guterres spricht von einem „Kinderfriedhof“ in Gaza. Würde die deutsche Regierung dem zustimmen?
Eine zweite Frage an Frau Deschauer: Die israelische Regierung hat angekündigt, auf unbefristete Zeit die Sicherheitskontrolle in Gaza zu übernehmen. Wie ist die Reaktion dazu?
Hoffmann (BReg)
Wir sind, wie gesagt, der Meinung, dass Israel das Recht hat, sich selbst zu verteidigen. Wir gehen aber davon aus ‑ das hat ja auch der Bundeskanzler mehrfach gesagt ‑, dass Israel als ein demokratisch verfasstes Land sich des Völkerrechts bewusst ist und sich an das Völkerrecht hält. Das ist das, wovon wir ausgehen.
Wir sehen natürlich das, was in Gaza passiert, und wir sind vor allen Dingen sehr besorgt über die humanitäre Situation und sind der Meinung, dass humanitäre Hilfe geleistet werden könnte. Wir haben ja auch selbst die humanitäre Hilfe für die Menschen in Gaza erhöht und haben uns für humanitäre Feuerpausen dort ausgesprochen, um diese Hilfe leisten zu können und die Bevölkerung dort versorgen zu können.
Deschauer (AA)
Zu Ihrer zweiten Frage: Wir haben die Äußerung zur Kenntnis genommen, aber ich kann darauf verweisen, dass Außenministerin Baerbock, die ja derzeit beim G7-Außenministertreffen in Tokio ist, sich am heutigen späten Vormittag deutscher Zeit in einer Pressekonferenz geäußert hat und auch klare Orientierungspunkte zu der Diskussion, die im G7-Rahmen stattgefunden hat, gegeben hat. Die Diskussion ging in verschiedene Richtungen, aber eine große Frage war sicherlich auch, mit Blick auf die palästinensischen Gebiete über den Tag hinaus zu denken. Ein enger und intensiver Austausch fand in diesem Kreise statt.
Wir haben dieses Pressestatement der Ministerin verteilt. Sollte das noch nicht an Sie herangekommen sein, dann kann ich hier sehr kurz die Referenzpunkte erwähnen. Die Ministerin hat als Orientierungspunkte gegeben: Von Gaza darf in Zukunft keine terroristische Gefahr mehr ausgehen; Palästinenserinnen und Palästinenser dürfen nicht vertrieben werden; keine Besetzung von Gaza, sondern bestmöglich internationaler Schutz; keine territoriale Reduzierung von Gaza; keine Lösung über die Köpfe der Palästinenserinnen und Palästinenser hinweg. Ich glaube, mit diesen Orientierungspunkten, die ein Beitrag zu der Diskussion sind, die gerade in Tokio stattgefunden hat, beantworte ich Ihre Frage.
Frage
Da Frau Hoffmann gerade die Sorge über die humanitäre Lage in Gaza angesprochen hatte: Ist die Bundesregierung besorgt über die zivilen Opfer in Gaza? Haben Sie einen Überblick über die zivilen Opferzahlen?
Hoffmann (BReg)
Es geht natürlich darum ‑ und das ist auch immer wieder ausgedrückt worden ‑, zivile Opfer, so das irgend möglich ist, in diesem Konflikt zu vermeiden. Das ist ein wichtiges Anliegen, und wir sehen, dass das gewährleistet werden soll, so gut es eben möglich ist.
Konkrete Zahlen kann ich Ihnen hier jetzt nicht nennen. Es ist ja so ‑ das hat Kollege Hebestreit hier, glaube ich, in der letzten Regierungspressekonferenz noch einmal sehr deutlich ausgeführt ‑, dass wir keine glaubwürdigen Angaben haben; denn die Hamas ist für uns keine glaubwürdige Quelle, und schon gar nicht, was Opferzahlen angeht. Insofern kann ich hier jetzt nicht mit exakten Zahlen dienen.
Zusatzfrage
Das Thema mit Opferzahlen hatten wir ja schon, nämlich dass die UN in Bezug auf die bisherigen Kriege in Gaza die Opferzahlen der Gesundheitsbehörde vor Ort als glaubwürdig eingestuft hat, weil sie im Nachhinein diese Zahlen überprüft hat. Man geht auch von einer Mindestzahl von Opfern aus, die aktuell berichtet wird. ‑ Ich hatte aber konkret gefragt, ob Sie besorgt sind über die bisherigen zivilen Opfer durch Luftangriffe.
Frau Deschauer, haben Sie vielleicht einen Überblick über Opferzahlen? Bei den Zahlen der UN geht es jetzt offenbar schon in die fünfstelligen Zahlen.
Hoffmann (BReg)
Ich weiß nicht, ob Frau Deschauer da mehr sagen kann, aber wir sind grundsätzlich sehr vorsichtig, was Zahlen angeht. Wir haben aber auch gesagt: Natürlich ist jedes Opfer ein Opfer zu viel. Es geht darum, zivile Opfer, so irgend möglich, zu vermeiden.
Deschauer (AA)
Ich habe den Ausführungen der stellvertretenden Regierungssprecherin in der Sache nichts hinzuzufügen.
Zusatzfrage
Das Auswärtige Amt hat keine Zahlen?
Deschauer (AA)
Ich habe den Ausführungen der stellvertretenden Regierungssprecherin ‑ sie hat sich hier ja ausführlich geäußert und auch hergeleitet ‑ nichts hinzuzufügen.
Frage
An das Auswärtige Amt: Es gibt in Israel Überlegungen, dass man eine dauerhafte Kontrolle des Gazastreifens anstreben könnte. Befürwortet die Bundesregierung solche Planungen oder lehnt sie sie ab?
Deschauer (AA)
Ich glaube, ich hatte diese Frage in meiner Antwort an den Kollegen beantwortet. Die Außenministerin hat sich in Tokio presseöffentlich geäußert und hat Orientierungspunkte gegeben. Darauf möchte ich verweisen, und auch auf das Statement, das wir verteilt haben.
Zusatzfrage
Ich habe die Antwort gehört, aber ist das eine der Optionen, die auf dem Tisch liegt, oder ist das aus Sicht der Bundesregierung eigentlich ausgeschlossen?
Deschauer (AA)
Ich glaube, die Bundesregierung kümmert sich gerade mit internationalen Partnern aufs Engste darum, zu schauen, wie eine Perspektive über den Tag hinaus aussehen kann. Das war Gegenstand der Beratungen im G7-Rahmen, und davon abgeleitet hat sich die Außenministerin geäußert ‑ auch zu dieser Frage.
Frage
Frau Deschauer, fünf US-Bürger, die sich in Gaza in einem Evakuierungsbus befanden, mit dem sie herausgebracht werden sollten, wurden, als ihr Bus durch einen Bombentreffer schwer beschädigt wurde, schwer verletzt. Sind auch deutsche Staatsbürger von solchen Verletzungen in vergleichbarer Weise betroffen?
Deschauer (AA)
Ich habe von diesem konkreten Fall aktuell keine umfassende Kenntnis, sodass ich dazu, glaube ich, nichts Sachdienliches hinzufügen kann.
Insgesamt kann man natürlich sagen, dass die Lage im Gazastreifen für die dort lebenden Menschen, aber auch für die dort auf Ausreise hoffenden Staatsangehörigen anderer Nationen sehr schwierig ist. ‑ Das kann ich vielleicht als grundsätzliche Einordnung sagen. Zu dem konkreten Fall kann ich nichts Sachdienliches hinzufügen.
Zusatzfrage
Darf ich Ihre Antwort so verstehen, dass Sie keine Kenntnis darüber haben, ob deutsche Staatsbürger durch direkte Kriegsfolgeschäden in gravierender Weise verletzt wurden?
Deschauer (AA)
Sie haben mich nach dem konkreten Fall gefragt ‑ ‑ ‑
Zusatzfrage
Und gefragt, ob Sie über solche Verletzungen auch bei Deutschen Kenntnis haben.
Deschauer (AA)
Ihre Frage ist auf den Fall bezogen, und darüber hinaus sehr generisch. Ich habe geantwortet, dass wir natürlich über die Situation im Gazastreifen wissen und darum auch in Sorge sind, dass ich aber hier in diesem Moment von keinen entsprechenden Fällen berichten kann und keine sachdienlichen Erläuterungen zu diesem speziellen Fall hinzufügen kann.
Frage
Ich habe mit Verwunderung vernommen, dass Sie den UN-Zahlen zu den Todeszahlen im Gazastreifen nicht vertrauen. Vertrauen Sie dann auch nicht den Aussagen der UN, dass mittlerweile 70 UN-Mitarbeiter durch israelische Bombenteppiche getötet worden sind, und meines Wissens auch 38 Journalisten? Das war zumindest vor ein paar Tagen die letzte Zahl. Hinterfragen Sie auch die Zahl der durch israelischen Beschuss getöteten UN-Mitarbeiter und Journalisten im Gazastreifen?
Hoffmann (BReg)
Dazu sehe ich keinen Anlass.
Zusatzfrage
Eine Verständnisfrage hätte ich allerdings noch: Die Vereinten Nationen haben am 31. Oktober aktualisierte Zahlen zu getöteten Zivilisten im Ukrainekrieg vorgelegt. Seit dem Einmarsch der russischen Armee am 24. Februar ‑ ‑ ‑
Vorsitzender Feldhoff
Wir sind beim Thema Israel.
Zusatzfrage
Ja, aber das verbinde ich noch, keine Sorge. Auf jeden Fall sagen ‑ ‑ ‑
Vorsitzender Feldhoff
Kommt da jetzt noch eine längere Vorrede? Kommen Sie doch bitte zu Ihrer Frage.
Zusatzfrage
Zu der Frage komme ich, aber die basiert nun mal darauf. Ich kann es für Herrn Feldhoff aber noch ganz kurz fassen. ‑ Die UN spricht im Verlauf von bisher 20 Monaten Kriegsführung in der Ukraine von 9900 getöteten Zivilisten, und darunter 560 getöteten Kindern. Die UN-Angaben zu den Toten im Gazastreifen sprechen jetzt von 10 000 Toten, und davon weit über 4000 Kinder ‑ wohlgemerkt in einem Zwanzigstel des Zeitraums. In Bezug auf den Einmarsch Russlands in der Ukraine spricht sowohl Frau Baerbock wie auch der Kanzler regelmäßig vom Vernichtungskrieg Russlands. Da würden mich noch die Argumente interessieren, wieso Sie angesichts dieser Zahlen nicht von einem Vernichtungskrieg Israels in Bezug auf den Gazastreifen sprechen.
Hoffmann (Breg)
Ich habe hier ‑ wie auch der Kollege Hebestreit am Montag ‑ ausführlich erklärt, wie wir zu den Zahlen aus dem Gazastreifen stehen. Das ändert sich jetzt auch nicht dadurch, dass Sie noch ganz viele, ganz lange Fragen stellen. Ich habe dazu gesagt, was ich dazu zu sagen habe.
Zusatz
Das war eine ziemlich konkrete Frage.
Frage
Frau Deschauer, eine Frage zu den Vermittlungsbemühungen: Die Außenministerin ist zurzeit in Tokio, wird aber zurückfliegen. Gibt es irgendwelche Pläne, sich im Nahen Osten mit Vertretern derjenigen Länder, die jetzt an den Vermittlungsbemühungen beteiligt sind ‑ Katar, Ägypten, Saudi-Arabien ‑ zu treffen, um die Vermittlungsbemühungen zu besprechen?
Deschauer (AA)
Die Außenministerin ist im Rahmen der Krisendiplomatie seit den vergangenen Wochen in regelmäßigem Kontakt und Austausch mit den Partnern der Region und mit internationalen Partnern. Wie Sie wissen, war sie zweimal in der Region. Der Austausch ist rege ‑ per Telefon, in verschiedenster Art und Weise.
Weitere Ankündigungen, auch die Reisen betreffend ‑ das fragen Sie ja ‑ machen wir hier in üblicher Art und Weise, wenn wir etwas anzukündigen haben.
Frage
Auch noch einmal zu Gaza und dem Krieg zwischen Israel und der Hamas: Herr Collatz, der Generalleutnant der Luftwaffe Ingo Gerhartz war ja auch vor Ort, hat der israelischen Seite das Vertrauen ausgesprochen und hat Blut gespendet. Er hat über Twitter wissen lassen, dass er Vertrauen in die Genauigkeit der Maßnahmen der israelischen Luftwaffe habe. Angesichts der massiven Zerstörungen in Gaza und der zivilen Opferzahlen: Woher kommt das Vertrauen in die Genauigkeit?
Collatz (BMVg)
Ich kann natürlich nicht im Einzelnen auf diesen Tweet des Inspekteurs der Luftwaffe eingehen. Hintergründe können Sie ja von ihm selbst erfahren. Ich kann aber darauf hinweisen, dass der Inspekteur der Luftwaffe seit langer Zeit ein Förderer der deutsch-israelischen Freundschaft ist. Die Kooperation und der Austausch zwischen der israelischen Luftwaffe und der deutschen Luftwaffe sind sehr eng. Es gibt viele, auch freundschaftliche Beziehungen, auch seitens des Inspekteurs. Ich denke, dass wir das als Akt und als Ausdruck seiner Solidarität mit dem israelischen Volk und hier insbesondere mit der israelischen Luftwaffe und den Streitkräften Israels werten können.
Zusatzfrage
Aber ich hatte speziell nach Vertrauen in die Genauigkeit gefragt. Da bezieht man sich ja auf die Luftangriffe. UNICEF spricht von 10 000 Opfern im vergangenen Monat in Gaza. Kann man von einer Genauigkeit sprechen, wenn wir immer wieder sehen, dass die meisten Todesopfer in Gaza Zivilisten und Kinder sind?
Collatz (BMVg)
Wir haben hier schon oft über militärische Ziele diskutiert und die unterschiedlichen Sichtweisen deutlich gemacht. Ich denke, das spielt in diese Diskussion hinein. Dazu sind alle Argumente ausgetauscht.
[…]
Frage
Frau Deschauer, können Sie uns ein Update dazu geben, wie viele deutsche Staatsbürger nach Ihrer Kenntnis bislang über Rafah aus dem Gazastreifen herausgekommen sind und wie viele sozusagen noch feststecken? Wie hoch ist der Anteil an Kindern in den jeweiligen Gruppen?
Deschauer (AA)
Die Außenministerin hat sich dazu geäußert, und zwar auf der Plattform X. Dort hat sie gesagt, dass mit dem jetzigen Stand eine Zahl von über 200 deutschen Staatsangehörigen und Familienmitgliedern hat ausreisen können. Das ist eine kleine Erleichterung in dieser sehr schwierigen Zeit. Wir haben Sie hier immer darüber informiert gehalten, dass wir weiterhin von einer niedrigen dreistelligen Zahl ausgehen. Sie müssen sich das so vorstellen ‑ ich denke, das wurde hier schon erläutert ‑, dass wir auch immer darauf angewiesen sind, dass entsprechende Registrierungen im ELEFAND-System, dem Krisenvorsorgemechanismus, vonstattengehen. Zu Einzelfällen werde ich mich darüber hinaus aufgrund der doch sehr sensiblen Lage hier nicht äußern können.
Zusatzfrage
Ich wollte auch nicht nach Einzelfällen fragen, sondern schlicht und einfach die Daten haben.
Können Sie auch sagen, wie hoch nach Ihrer Erkenntnis die Zahl der noch in Gaza auf eine Ausreisemöglichkeit wartenden deutschen Staatsbürger ist, die Sie registriert haben?
Deschauer (AA)
Das ist die genannte niedrige dreistellige Zahl.
Frage
Gibt es deutsche Kinder in Gaza?
Deschauer (AA)
Ich habe Ihnen gesagt, dass wir keine Aufschlüsselung vornehmen. Sie können auf die Aussage, dass wir erleichtert über Ausreisen deutscher Staatsangehörigen und Familienangehöriger erleichtert sind, und darüber hinaus auf unser Bestreben, dass wir intensiv daran sind, auch weiteren deutschen Staatsangehörigen, die noch vor Ort sind, die Ausreise zu ermöglichen, zählen.
Zusatzfrage
Sie erwähnten das ELEFAND-System. Dafür braucht man Internetzugang. Der ist in Gaza oft nicht da. Wie soll das bewerkstelligt werden?
Deschauer (AA)
Das ist ein Teil der unglaublichen Komplikationen, die im Moment bestehen. Wir haben hier mehrfach erläutert ‑ ich glaube, auch am Montag, als Sie nicht hier waren ‑, wie wir unsere Staatsangehörigen informieren, auch über Telefonate, per E-Mail, per ELEFAND-System, per SMS, und sind dabei natürlich auf die gängigen Kommunikationswege angewiesen. Das haben Sie richtig erkannt.
Frage
Das BKA hat mit Stand von gestern Abend 2600 Straftaten im Zusammenhang mit den Angriffen der Hamas festgestellt. Wie bewerten Sie insgesamt die Sicherheitslage? Es gibt auch Warnungen, dass man sich darauf vorbereiten müsse, dass die Anschlagsgefahr steige.
Dr. Ata (BMI)
Ich kann darauf hinweisen, dass sich die Ministerin vor etwa einer Dreiviertelstunde ausführlich zu dem Thema geäußert hat. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich die Ministerin geäußert hat, will ich nur ganz kurz sagen, dass insgesamt mit einem erhöhten Emotionalisierungs- und Mobilisierungspotenzial zu rechnen ist und dass die Sicherheitsbehörden insbesondere die islamistische Szene noch genauer im Blick haben und wir im Bereich der politisch motivierten Kriminalität eine Erhöhung der Fallzahlen beobachten.
Mögliche israelische Atomwaffen
Frage
Ich habe eine Verständnisfrage. Das Thema war ja Montag schon dran. Der mittlerweile suspendierte israelische Minister hatte einen Atombombenangriff auf Gaza vorgeschlagen, was Sie verurteilt hatten. War die Bundesregierung von dieser Drohung an sich überrascht? Haben Sie Kenntnisse darüber, dass Israel Atomwaffen besitzt?
Hoffmann (BReg)
Ich habe mich vorher in diesem Zusammenhang nicht mit diesem Thema befasst.
Zusatzfrage
Frau Deschauer?
Deschauer (AA)
Ich habe mich am Montag dazu schon geäußert.
Zusatz
Sie haben diese Drohung, diese Aussage verurteilt. Aber ich frage jetzt ja als Lernfrage, ob sie Kenntnisse darüber haben, dass Israel Atomwaffen besitzt.
Deschauer (AA)
Es gibt da keine Erkenntnisse, die wir jetzt hier mit Ihnen teilen könnten.
Ukraine
Frage
Eine Frage zum Thema Ukraine. Frau Deschauer, in welcher Weise ist die Bundesregierung an Gesprächen mit der ukrainischen Regierung beteiligt, die laut Angaben aus der US-Administration derzeit gemeinsam von Vertretern der USA und der EU mit der ukrainischen Regierung über die Aufnahme möglicher Friedensverhandlungen mit Russland geführt werden?
Deschauer (AA)
Ich glaube, wir haben hier des Öfteren schon ausgeführt, dass die Bundesregierung sehr eng mit allen Gesprächspartnern – den amerikanischen Partnern und den ukrainischen Partnern – im Austausch ist. Die Ukraine, und zwar Präsident Selensky selbst, hat in Dschidda ‑ verzeihen Sie mir, dass ich gerade das Datum nicht parat habe, wann es war – gemäß den eigenen Vorstellungen einen Weg aufgezeigt, was einen sogenannten ukrainischen Friedensplan angeht. Es gab Folgegespräche. Das ist der Weg, den die Ukraine nach eigenen Vorstellungen, nach eigenem Bestreben aufgezeigt hat, die Zukunft zu gestalten. Im Moment sind wir weiter in einer Situation, dass die Ukraine tagtäglich von russischen Bombardierungen heimgesucht wird, sich dieser schwierigen Situation erwehren muss und deswegen natürlich auch von ukrainischer Seite das Hauptaugenmerk auf die weitere Abwehrfähigkeit und auch auf den nahenden Winter gelegt wird. Auch hierzu hat in Tokio im Rahmen des G7-Außenministertreffens ein enger Austausch stattgefunden. Das Kommuniqué dazu und die Hinweise, wie die wichtigsten Wirtschaftsländer dieser Welt die Ukraine künftig weiter unterstützen möchten, entnehmen Sie diesem Kommuniqué.
Zusatzfrage
Danke für den Überblick. Die Informationen aus der US-Administration deuten aber darauf hin, dass es im Rahmen dieser jetzt neuen Gespräche auch darum geht, ob, um Friedensverhandlungen aufnehmen zu können, die Ukraine bereit ist, etwas angesichts der, wenn man so will, militärischen Pattsituation herzugeben. Das sei Inhalt der Gespräche. Das wäre ein neuer Stand. Können Sie sagen, wer seitens Deutschlands an dieser Kommunikation, an diesen Gesprächen teilnimmt?
Deschauer (AA)
Ich habe meinen Ausführungen über den größeren Kontext in der Sache nichts hinzuzufügen.
Hoffmann (BReg)
Sie beziehen sich, wenn ich das richtig verstehe, auf Presseberichte. Da kann ich nur das unterstützen, was die Kollegin aus dem Auswärtigen Amt gesagt hat.
Was die Treffen in Dschidda und Malta angeht, wo es um die Zukunft gegangen ist, war Deutschland dort durch den sicherheitspolitischen Berater des Bundeskanzlers vertreten.
Zusatzfrage
Aber Sie dementieren den Inhalt dieser Gespräche nicht?
Hoffmann (BReg)
Ich äußere mich zu den Berichten nicht.
Frage
Auch zum Großthema Ukraine. Maxim Goldarb, ukrainischer Oppositioneller, dessen Partei „Union der Linken Kräfte“ im Juni 2022, wie alle anderen linken Parteien auch, verboten wurde, ist wegen Informationstätigkeiten zugunsten des Aggressors angeklagt worden. Ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft. Zuvor war seine Wohnung vom ukrainischen Inlandsgeheimdienst SBU durchsucht worden. Hintergrund ist, dass er zuvor, unter anderem auch auf den NachDenkSeiten Artikel veröffentlicht hat, die sich mit der Korruption im Verteidigungsministerium und zunehmend autoritären Strukturen im Regierungsapparat befassten. Ist der Bundesregierung dieser Fall bekannt? Wie bewertet sie grundsätzlich das aktuelle Vorgehen der ukrainischen Regierung gegen regierungskritische Politiker und Journalisten?
Hoffmann (BReg)
Zu dem konkreten Fall kann ich jedenfalls nichts sagen.
Aber wir nehmen grundsätzlich wahr, dass die Ukraine sich dafür einsetzt, dass Korruption im Land bekämpft wird und dieses Thema offen und offensiv auch von sich aus angeht. Wir haben, was das demokratische Klima angeht, durchaus Vertrauen in die ukrainischen Behörden und die ukrainische Regierung.
Zusatzfrage
Zum einen war die Frage nicht beantwortet, wie Sie derzeit die Verfolgung von regierungskritischen Politikern und Polizisten bewerten.
Ich hatte ja schon erwähnt, dass unter Selensky wirklich alle linken Parteien in der Ukraine verboten wurden, im Gegensatz etwa zur rechtsradikalen Swoboda-Partei, die als eine von zwei Oppositionsparteien überlebt hat. Mich würde interessieren: Wie bewertet es eigentlich Kanzler Scholz, dass alle potenziellen Schwesterparteien der SPD in der Ukraine verboten sind? Setzt er sich bei entsprechenden Regierungskonsultationen für die Aufhebung dieser Parteiverbote ein?
Hoffmann (BReg)
Zu dem Thema habe ich mich mit ihm nicht beraten. Sehen Sie es mir nach.
Zusatz
Dazu können Sie ja sicher etwas nachreichen.
Frage
Zum weiteren Komplex Ukraine eine innenpolitische Frage. Aus der Opposition kommen immer wieder Forderungen, den Bürgergeldbezug für Geflüchtete aus der Ukraine zu reduzieren und zum Asylbewerberleistungsgesetz zurückzukehren. Gibt es im Arbeits- und Sozialministerium entsprechende Überlegungen? Wenn ja, wie sehen die aus?
Ehrentraut (BMAS)
Danke für die Frage. Ich mache es kurz: Es gibt keine Überlegungen. Sie wissen, dass ukrainische Geflüchtete aufgrund der EU-Massenzustromrichtlinie einen Aufenthaltsstatus haben und deshalb bei Bedürftigkeit Leistungen nach dem SGB II erhalten, also Bürgergeld. Es sind keine Änderungen geplant.
Frage
Kurz zurück zu der Parteienfrage in der Ukraine. Frau Deschauer, bisher gibt es nur eine Verbotsmöglichkeit von Parteien in der Ukraine, die prorussisch sind und die territoriale Integrität der Ukraine gefährden. Ist Ihnen darüber hinaus ein Verbot oder eine Verbotsmöglichkeit anderer Parteien bekannt, wie hier suggeriert wurde?
Deschauer (AA)
Dazu kann ich ad hoc nichts sagen.
Zusatzfrage
Können Sie das nachreichen?
Deschauer (AA)
Gegebenenfalls. Wenn wir dazu etwas sagen können, wie immer sehr gerne.
Kooperation von deutschen und iranischen Universitäten in den Jahren 2011 bis 2016
Frage
Frage an das Bildungsministerium im Stream und das Auswärtige Amt. Es geht um die Kooperation deutscher Universitäten mit Universitäten im Iran in etwa in den Jahren 2011 bis 2016. Da gab es Kooperationen mehrerer deutscher Universitäten mit einer iranischen Universität namens UID, die nachweislich von Revolutionsgarden geleitet wird. Was wird getan, dass solche Kooperationen in Zukunft nicht mehr stattfinden und nicht mehr finanziert werden? Die Frage richtet sich auch an das Auswärtige Amt.
Vorsitzender Feldhoff
Das Bildungsministerium ist leider heute krankheitsbedingt nicht da. Kann das Auswärtige Amt dazu etwas beitragen?
Deschauer (AA)
Ich würde dem Bildungsministerium die Gelegenheit geben, sich zunächst dazu zu äußern. Wir stimmen uns sicher dazu ab.
Russische Pläne zur Errichtung von Marinestützpunkten in Libyen
Frage
Frau Deschauer, ich hatte am Montag zum Thema Libyen gefragt. Da ging es konkret um russische Pläne zur Errichtung von Marinestützpunkten in Libyen. Sie wollten etwas nachliefern.
Deschauer (AA)
Wir wollten etwas nachliefern. Ich habe Ihnen heute nichts mitgebracht.
Zusatzfrage
Das heißt, Sie wollen nichts nachliefern oder Sie können nicht?
Deschauer (AA)
Ich hatte Ihnen das Angebot gemacht, eine konkrete Frage dazu zu stellen. Ich würde Sie bitten, das vielleicht noch einmal schriftlich zu hinterlegen. Wenn wir dann dazu etwas nachliefern können, machen wir das sehr gerne.