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Ohne Gerechtigkeit kein Frieden

Kind mit einem Schild auf dem steht: We are not just numbers

Proteste für die Aufklärung von Folter durch das syrische Regime im Norden Syriens, © ZUMA Wire

23.07.2020 - Artikel

Seit zehn Jahren tobt der Konflikt in Syrien. Deutschland setzt sich für strafrechtliche Aufarbeitung und konsequente Verfolgung der Kriegsverbrechen ein.

Ein dauerhafter Frieden für Syrien ist nur möglich, wenn die Kriegsverbrechen und Gräueltaten an der Zivilbevölkerung strafrechtlich aufgearbeitet und die Täter zur Verantwortung gezogen werden. Darum verfolgt Deutschland neben seinem umfassenden humanitären Engagement und Unterstützung für den von den Vereinten Nationen geführten politischen Prozess auch konkret Initiativen gegen Straflosigkeit im Syrien-Konflikt.

Gemeinsam gegen Straflosigkeit

Deutschland setzt sich dafür ein, nationale, regionale und internationale Initiativen und Ansätze im Kampf gegen Straflosigkeit in Syrien zu bündeln und zusammenzuführen. Dieses Anliegen ist Teil des von Deutschland ins Leben gerufenen Bündnisses gegen Straflosigkeit. Zuletzt tauschte sich Außenminister Maas im Februar 2020 mit zwanzig Amtskollegen am Rande des Menschenrechtsrats in Genf über Möglichkeiten für Strafverfahren außerhalb von Syrien aus.

Auch in den Sitzungen des UN-Sicherheitsrats zu Syrien, die jeden Monat stattfinden, rückt Deutschland immer wieder in den Mittelpunkt, wie wichtig das Engagement gegen Straflosigkeit ist - für die Menschen in Syrien, aber auch, um die Glaubwürdigkeit der internationalen Gemeinschaft zu wahren. So auch im Monat Juli, in dem Deutschland den Vorsitz im Sicherheitsrat innehat und ein Briefing einer Vertreterin der Zivilgesellschaft zur Situation von Gefangenen und Vermissten in Syrien initiiert hat.

Staatsminister Annen sagte dazu in der Sicherheitsratssitzung vom 23.07.:

150.000 Menschen sind in Syrien verschwunden, für 90 Prozent ist das syrische Regime verantwortlich. Mehr als 14.400 Syrerinnen und Syrer sind unter Folter gestorben, fast 99 Prozent von ihnen in der Hand des syrischen Regimes. Wir schulden es diesen Menschen und ihren Familien, im Kampf gegen die Straflosigkeit bei solchen Verbrechen voranzukommen.

Unsere Botschaft ist klar: Die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürfen sich nirgendwo auf der Welt sicher fühlen, sie werden letztendlich zur Rechenschaft gezogen. Die Opfer verdienen Gerechtigkeit.

Internationale Mechanismen

Solange man nicht auf einer unabhängigen und transparenten Gerichtsbarkeit in Syrien oder einer internationalen Strafgerichtsbarkeit aufbauen kann, liegt der Fokus internationaler Zusammenarbeit im Kampf gegen die Straflosigkeit in Syrien darauf, Beweise zu sichern. Eine zentrale Rolle spielt der sog. „Internationale, Unabhängige und Unparteiische Mechanismus der VN zur Unterstützung der Strafverfolgung von Völkerrechtsverbrechen in Syrien“ (IIIM). Der IIIM verfolgt das Ziel, Beweismittel für Gräueltaten an der syrischen Zivilbevölkerung zu sammeln, zu sichern, zu analysieren und aufzuarbeiten. Mit diesen Beweisen sollen zukünftige Strafverfahren unterstützt werden – egal, ob diese in nationalen Gremien oder auch vor regionalen und internationalen Gerichten oder Tribunalen stattfinden.

Das Auswärtige Amt hat den IIIM seit seiner Einrichtung 2017 mit ca. 3,125 Millionen Euro unterstützt und sich 2019 erfolgreich dafür eingesetzt, dass der IIIM nun in das reguläre UN-Budget übernommen wurde. Zudem fördert Deutschland zahlreiche weitere Initiativen und Projekte zur Dokumentierung und Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen - um laufende Bemühungen zu unterstützen und um eine Grundlage für eine spätere Aufarbeitung der im Rahmen des Konflikts begangenen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu legen. 2020 unterstützt das Auswärtige Amt z.B. die syrische Nichtregierungsorganisation Syrian Network for Human Rights, die u.a. willkürliche Verhaftungen und Folter in Gefängnissen dokumentiert.

Der IIIM arbeitet eng mit der 2011 auf deutsche Initiative vom UN-Menschenrechtrat eingesetzten unabhängigen, internationalen Untersuchungskommission zur Menschenrechtslage in Syrien zusammen. Die Kommission dokumentiert Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht durch alle Konfliktparteien. Der IIIM nutzt die gesammelten Daten, indem er sie aufbereitet und in Ermittlungsakten zusammenführt. Diese können bei Ermittlungsverfahren durch nationale, regionale oder internationale Gerichtsbarkeit genutzt werden.

Aufklärung von Chemiewaffen-Einsätzen

Seit 2012 wurden in Syrien wiederholt chemische Waffen eingesetzt. Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) will diese Verbrechen aufklären. Dafür wurde 2019 ein Mechanismus zur Zuordnung der Verantwortlichkeit für solche Einsätze (die sog. „Attribuierung“) eingerichtet. 2019 unterstützte Deutschland die Arbeit der OVCW in Syrien mit rund einer Million Euro. Zudem engagiert sich Deutschland als Mitglied der „Internationalen Partnerschaft gegen Straflosigkeit beim Einsatz von chemischen Waffen“.

Verfahren in Deutschland

In Deutschland ist der Generalbundesanwalt dafür zuständig, strafrechtliche Ermittlungen und Verfahren gegen mutmaßliche Täter aus Syrien zu führen. Die Grundlage dafür bildet das sog. „Weltrechtsprinzip“, nach dem bei schwersten Verbrechen– so etwa bei Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit - das deutsche Strafrecht die Strafverfolgung und Verurteilung von Tätern auch ohne direkten Bezug zu Deutschland erlaubt. Deutschland hat hier eine Vorreiterrolle.


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