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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 24.05.2024

24.05.2024 - Artikel

Vorwürfe gegen Soldaten der UN-Blauhelmtruppen

Frage

Ich habe eine Frage an Herrn Wagner. Herr Wagner, es gibt Berichte, unter anderem von uns, von der „Deutschen Welle“, von der „Süddeutschen Zeitung“, dass es einige Fehler bei der Bestellung von Blauhelmtruppen gibt, speziell auch aus Bangladesch. Offenbar ist eine ganze Reihe früherer Geheimdienstmitarbeiter, denen schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden, später Blauhelmsoldaten geworden, unter anderem im Kongo. Wie bewerten Sie das? Gibt es solche Meldungen auch in anderen Bereichen, oder ist das ein Einzelfall?

Wagner (AA)

Vielen Dank für Ihre Frage. Wir haben die entsprechenden Berichte gesehen. Sie wissen, dass wir der Auffassung sind, dass die Friedensmissionen der Vereinten Nationen ein ganz wesentliches Instrument sind, um in Kriegs- und Konfliktsituationen Menschen zu schützen, humanitäre Zugänge zu ermöglichen und zu Frieden und Sicherheit beizutragen. Deshalb haben die Vereinten Nationen für die Auswahl ihrer Blauhelmsoldaten hohe Standards gesetzt. Wir erwarten natürlich, dass diese eingehalten werden. Dabei ist klar, dass es immer auch die Verantwortung der Entsendestaaten ist. Das sind bei, ich glaube, 65 000 Blauhelmsoldaten weltweit über 120 Staaten. Uns ist auf jeden Fall wichtig, dass diese Vorwürfe aufgeklärt werden und die Vereinten Nationen dem nachgehen. Ich interpretiere die Äußerungen des Sprechers von UN-Generalsekretär Guterres gestern in New York dahingehend, dass das passieren wird.

Wie Sie schon erwähnt haben, gab es auch in der Vergangenheit immer einmal wieder solche Vorwürfe, auf die die Vereinten Nationen immer sehr rasch reagiert, Untersuchungen eingeleitet und die Dinge aufgearbeitet haben. Aber das muss aufgeklärt werden. Wir haben jetzt keinen Anlass zu der Annahme, dass das in diesem Fall anders laufen wird.

Zusatzfrage

Ein zentrales Problem scheint zu sein, dass die Staaten selbst im Grunde allein dafür zuständig sind, Blauhelmsoldaten zu stellen, und dass, wie unsere Recherche ergeben hat, die nachträgliche Kontrolle auch nicht so richtig funktioniert. Wären Sie dafür, das zu ändern und an der Stelle genauer hinzuschauen?

Wagner (AA)

Ich habe ja gesagt, dass das jetzt aufgeklärt werden muss. Sicherlich muss man sich in solch einem Aufarbeitungsprozess immer auch anschauen, was man vielleicht noch anders machen muss. Wie gesagt, halten wir diese Friedenseinsätze für sehr wichtig. Deshalb sind wir dazu auch mit den Vereinten Nationen immer wieder im Gespräch. Aber ich denke, jetzt steht als erste Priorität erst einmal die Aufarbeitung durch die Vereinten Nationen, durch das Generalsekretariat, im Vordergrund. Dann wird man sehen müssen, welche Konsequenzen und welche Schlüsse man daraus zieht.

Ankündigung der Anerkennung eines Staates Palästina durch Norwegen, Irland und Spanien

Frage

Die Frage geht an das Auswärtige Amt, Herr Wagner, zur Situation in Gaza: Norwegen, Spanien und Irland haben angekündigt, die palästinensische Staatlichkeit anerkennen zu wollen. Die israelische Regierung sagt, das sei eine Belohnung des Terrors. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagt ganz im Gegenteil, das sei es nicht. Wo steht die Bundesregierung in dieser Frage?

Wagner (AA)

Vielen Dank. Nach meiner Erinnerung hat sich meine Kollegin hier schon am Mittwoch sehr ausführlich dazu eingelassen. Ich würde Sie darauf verweisen.

Ich kann aber natürlich noch einmal ganz grundsätzlich sagen: Es ist natürlich Ziel der deutschen Außenpolitik, dass es einen eigenständigen palästinensischen Staat gibt‑ das ist im Übrigen das Ziel nicht nur der deutschen Außenpolitik, sondern auch der europäischen Außenpolitik ‑, weil wir als Europäer davon überzeugt sind, dass es eine langfristige und vor allen Dingen nachhaltige Lösung des Nahostkonflikts nur mit zwei in Frieden miteinander lebenden Staaten Israel und Palästina geben wird. Das ist die Zweistaatenlösung, für die wir uns ja weiterhin unablässig einsetzen.

Ganz klar ist aber eben auch, dass diese Zweistaatenlösung nur über einen politischen Prozess, über politische Verhandlungen kommen wird. Insofern ist es klare Position der Bundesregierung, dass das natürlich Teil dieses Prozesses sein muss, dass es jetzt aber vielmehr darum geht, konkrete Fortschritte bei der Lösung des akuten Konflikts im Moment zu erzielen, des Leids in Gaza, das wir sehen. Dafür ist es essenziell, dass die Geiseln freikommen. Dafür ist es essenziell, dass mehr humanitäre Hilfe nach Gaza hineinkommt. Die Lage in Rafah ist katastrophal. Wenn man die Verlautbarungen der Vereinten Nationen und die Berichte darüber sieht, wie die humanitäre Lage ist, dann kann man das nicht anders betiteln. Die israelische Regierung hat immer wieder bekräftigt, dass sie Gaza ‑ so hat sie es, meine ich, formuliert ‑ mit humanitärer Hilfe fluten will. Ehrlich gesagt, sieht man das im Moment nicht. Das muss dringend anders werden. Es muss dringend mehr humanitäre Hilfe nach Gaza hineinkommen, und es muss eine politische Perspektive auf die Lösung des Nahostkonflikts erhalten bleiben. Wir müssen dahin kommen, dass man darüber reden kann, wie wir zu einer Zweistaatenlösung kommen.

Nahostkonflikt

Zusatzfrage

Sie haben damit das Thema meiner Folgefrage angesprochen, die Situation in Gaza. Die Vereinten Nationen weisen darauf hin ‑ das sind Berichte aus Gaza selbst ‑, dass das größte Krankenhaus möglicherweise in diesen Stunden seinen Betrieb einstellen muss, weil der Brennstoff für die Generatoren fehlt. Notamputationen müssen vorgenommen werden, weil keine medizinische Betreuung möglich ist. Das liegt daran, dass Israel die Hilfsgüter schlicht und einfach nicht durchlässt.

Sie appellieren immer wieder. Welche Möglichkeiten über die Appelle hinaus hat die Bundesregierung, um dafür zu sorgen, dass diese dringend benötigten Hilfslieferungen tatsächlich nach Gaza gelangen?

Wagner (AA)

Es ist so, wie Sie sagen. Es müssen dringend mehr humanitäre Güter nach Gaza hinein. Wir haben immer wieder betont, dass das auch für uns ein ganz wichtiges Betätigungsfeld ist. Dazu sind wir mit allen Partnern im Gespräch, mit den internationalen Hilfsorganisationen, mit der israelischen Regierung, mit anderen Akteuren in der Region, um zu schauen, wie man das gewährleistet. Dafür gibt es verschieden Wege, verschiedene Möglichkeiten, die wir hier immer wieder aufgezählt haben. Aber in der Tat ist die Lage im Moment katastrophal und desaströs, und es muss dringend Abhilfe geschaffen werden. Dafür ist es essenziell, dass mehr Grenzübergänge aufgemacht werden. Dafür ist aber eben auch essenziell, dass man die Verteilung humanitärer Hilfe in Gaza, nachdem sie erst einmal nach Gaza hineingekommen ist, sicherstellt. Dafür trägt im Übrigen auch die Hamas eine Verantwortung, aber auch die israelische Armee, die in Teilen dort vor Ort ist. Insofern sind wir weiter daran.

Ich gebe Ihnen aber völlig recht, es muss dringend besser werden.

Zusatzfrage

Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass, wie berichtet wird, der ägyptische Geheimdienst oder möglicherweise sogar ein einzelner Mitarbeiter durch nachträgliche Verfälschung eines Textes zur Erreichung eines Waffenstillstandes dafür gesorgt habe, dass dieser nicht in Kraft treten könne, weil er das, was von Israel unterschrieben wurde, anschließend abgeändert und dann der Hamas zur Unterschrift vorgelegt habe? Welche eigenen Erkenntnisse haben Sie darüber?

Wagner (AA)

Vielen Dank für die Frage. Aber ich habe keine Erkenntnisse über das in den Medien berichtete, von denen ich Ihnen hier berichten könnte. Aber ich kann ganz grundsätzlich sagen, dass es jetzt essenziell und wichtig ist, dass die Gespräche über die Freilassung der Geiseln und eine humanitäre Feuerpause, einen Waffenstillstand, dringend fortgesetzt werden und laufen. Wir bestärken unsere Partner darin, dies fortzuführen und dabei nicht nachzulassen.

Frage

Herr Wagner, für wann rechnen Sie mit der Entscheidung des Richterausschusses am Internationalen Strafgerichtshof über die Forderung von Herrn Khan nach einem Haftbefehl gegen Herrn Netanjahu und andere?

Wagner (AA)

Lassen Sie mich dazu noch einmal auf meinen Zettel schauen. Aber ich bin ziemlich sicher, sagen zu können, dass es dafür keine genauen Fristen gibt, dass der Antrag des Chefanklägers jetzt von dem Richterausschuss geprüft wird und dass wir diese Entscheidung natürlich abwarten.

[…]

Frage

Im Kontext der Anerkennung eines palästinensischen Staates durch Spanien hat die zweite stellvertretende Premierministerin reagiert und gesagt: We can’t stop here. Palestine will be free from the river to the sea.

Wie bewertet die Bundesregierung solch eine Aussage von einer spanischen Regierungsvertreterin?

Wagner (AA)

Ich denke, es ist jetzt nicht an uns, das zu kommentieren. Wie wir zu diesem Slogan stehen, haben wir schon sehr oft zum Ausdruck gebracht, vor allen Dingen Max Kall vom BMI. Ich sehe nicht, dass wir hier einen Kommentar abgeben müssten.

Entfernung von estnischen Navigationsbojen an der Grenze zu Russland

Frage

Frau Hoffmann, Herr Wagner, es gibt Berichte über merkwürdige Aktivitäten Russlands an der Grenze zu Estland. Demnach sollen Bojen zur Fahrwasserkontrolle entwendet worden sein. Liegen Ihnen dazu irgendwelche Erkenntnisse vor bzw. haben Sie diesbezüglich Kontakt mit der estnischen Regierung?

Wagner (AA)

Vielen Dank. – Wir stehen natürlich in engem Kontakt mit unseren Partnern in NATO und EU. Sie haben vielleicht gesehen, dass sich gerade in diesen Minuten ‑ ich glaube, vor ein paar Minuten ‑ auch die Außenministerin auf der Plattform X zu der Problematik eingelassen hat, im Übrigen in enger Abstimmung und Koordinierung mit ihrem polnischen und ihrem französischen Amtskollegen, die, glaube ich, gerade auch Inhaltsgleiches auf X veröffentlichen.

Das ist natürlich ein vollkommen inakzeptables, hybrides Vorgehen von Russland. Wir haben hier schon oft betont, dass Russland mit solchem Vorgehen die Europäische Union zermürben will, und dem stellen wir uns natürlich entgegen. Das Vorgehen ist inakzeptabel, und unsere Solidarität und unser Beistand gelten unseren Partnern im Baltikum und in Osteuropa.

Zusatzfrage

Haben Sie irgendwelche Erkenntnisse über illegale Grenzübertritte von russischen Sicherheitskräften?

Wagner (AA)

Nein, keine Erkenntnisse, die ich hier mit Ihnen teilen könnte.

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