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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 12.06.2024

12.06.2024 - Artikel

Außenministertreffen des Ostseerats

Wagner (AA)

Ich darf Ihnen eine Reise der Außenministerin ankündigen. Außenministerin Baerbock wird am Donnerstag nach Finnland reisen. In Porvoo, unweit von Helsinki, lädt die finnische Außenministerin zum Außenministertreffen des Ostseerats ein.

Finnland hat derzeit noch bis Ende Juni den rotierenden Vorsitz des Ostseerats inne. Für alle, die es nicht wissen: Der Ostseerats ist eine Regionalorganisation mit Sitz in Stockholm, die im Jahr 1992 gegründet worden ist. Deutschland hatte im letzten Jahr den Vorsitz inne.

Die außen- und sicherheitspolitische Lage im Ostseeraum hat sich durch den russischen Angriffskrieg stark verändert. Um die gemeinsame Sicherheit dieser demokratischen Wertepartner im Ostseeraum wird es auch bei dem Treffen in Porvoo gehen. Die Themen des finnischen Ratsvorsitzes sind umfassende Sicherheit, Krisenvorsorge und Resilienz. Das Treffen beginnt am Donnerstagabend und endet am Freitagmittag mit einer Pressekonferenz.

Noch ein Servicehinweis: Wie beim Ostseerat üblich, werden der aktuelle, der vorige und der ab dem 1. Juli nachfolgende Vorsitz, also die finnische Außenministerin, Außenministerin Baerbock und der estnische Außenminister, sprechen. Der finnische Vorsitz plant einen Livestream auf der Webseite des Außenministeriums.

Lage im Ostseeraum

Frage

Herr Wagner, vielleicht könnten Sie uns noch etwas zur Lage im Ostseeraum sagen. Die von Russland vorgenommenen Kennzeichnungen im Seegebiet zu Estland wurden wieder entfernt. Wo stehen wir? Gibt es mittlerweile auch mit anderen EU-Ländern Probleme in Abgrenzungsfragen, etwa mit Finnland?

Dazu auch eine Frage an das Verteidigungsministerium. Es gab auch Berichte über Jamming im Ostseeraum. Können Sie bitte sagen, wie diesbezüglich der Stand ist? Gibt es diese Probleme weiterhin? Sie wurden ja auf Russland zurückgeführt.

Wagner (AA)

Auch im Ostseeraum sind wir mit komplexen, hybriden Bedrohungen vonseiten Russlands konfrontiert. Sie haben einen Fall angesprochen. Es gab aber auch das GPS-Jamming und noch andere Sachverhalte. Insofern wird das auch bei diesem Treffen der Außenministerinnen und Außenminister des Ostseerats ein wichtiges Thema sein. Alle diese Staaten sind NATO-Mitglieder, und wir setzen uns natürlich vor allen Dingen im Rahmen der NATO mit diesen Bedrohungen auseinander und sprechen über sie. Insofern habe ich jetzt keinen ganz neuen Stand zu berichten, aber dass diese hybriden, komplexen Bedrohungen bestehen, ist weiterhin Fakt.

Müller (BMVg)

Wir haben uns schon im Februar zu dieser Thematik geäußert und damals bestätigt, dass wir in der Region durchaus Jamming wahrnehmen. Selbstverständlich ist nicht nur auf unser Ressort betroffen, sondern zum Beispiel auch der Verkehrssektor und der Reisesektor. Weitere Details möchte und kann ich aus Gründen der militärischen Sicherheit nicht nennen.

Die Systeme der Bundeswehr sind redundant ausgelegt. Wir haben nicht nur im Bereich des zivilen GPS, sondern auch, was Träger- und Navigationssysteme und anderes angeht, vielfältige Möglichkeiten, sodass wir unsere Einsatzbereitschaft durch dieses Phänomen nicht gefährdet sehen, dieses aber selbstverständlich weiter beobachten werden.

Zusatzfrage

Sie haben auf den Februar verwiesen. Jetzt haben wir Juni. Können Sie zumindest einen Hinweis geben, ob die Jamming-Aktivitäten abgenommen oder zugenommen haben?

Müller (BMVg)

Nein, das kann ich nicht. Das ist Teil der Analyse, und die Analyse ist in der Regel nicht öffentlich.

Anschlag auf Nord Stream

Frage

Die Terroranschläge gegen Nord Stream 1 und 2 jähren sich bald zum zweiten Mal. Gibt es mittlerweile eine Art Zwischenbericht, den die Bundesregierung präsentieren kann?

Hebestreit (BReg)

Die Bundesregierung hat damit gar nichts zu tun, sondern, wie wir Ihnen hier schon verschiedentlich gesagt haben, der Generalbundesanwalt. Stellen Sie Ihre Fragen bitte dort. Dort laufen die Ermittlungen, und weitere Ermittlungsschritte oder auch Handlungen würden dann von dort zu verkünden und darzustellen sein, aber nicht in der Bundespressekonferenz.

Zusatzfrage

Aber bisher gibt es nachweislich noch keinen veröffentlichten Zwischenbericht der Generalbundesanwaltschaft. Da sie weisungsgebunden ist und es ja sicherlich trotzdem einen informellen Austausch geben wird, frage ich, ob der Bundesregierung diesbezüglich neue Erkenntnisse vorliegen.

Hebestreit (BReg)

Nur zur Erklärung: Es ist die Bundesanwaltschaft und nicht die Generalbundesanwaltschaft. Aber der Generalbundesanwalt, der diese Behörde leitet, leitet sie unabhängig. Es gibt ein Weisungsrecht, das bezieht sich aber nicht auf die einzelnen Ermittlungen, sondern auf einen grundsätzlicheren Fall. Insofern liegen die Informationen, die es gibt, bei ihm, und er ist der Einzige, der darüber öffentlich reden darf. ‑ So läuft es.

Frage

Herr Wagner, Sie haben gerade auf die Frage des Kollegen angedeutet ‑ so habe ich Sie verstanden ‑, dass Sicherheitsdiskussionen vor allem in der NATO und nicht im Ostseerat geführt werden sollten. Teilen die Partner im Ostseerat diese Vorstellung, oder ist das eher die deutsche Position?

Wagner (AA)

Nein. Alle Mitgliedstaaten des Ostseerats sind auch NATO-Mitglieder. Nicht alle Mitgliedstaaten des Ostseerates sind EU-Mitglieder. Norwegen und Island nehmen zum Beispiel ebenfalls teil. Das ist ein Thema, das uns natürlich auch in diesem Gremium beschäftigt. Wenn es allerdings um die ganz konkrete Sicherheit Europas geht, dann ist in erster Linie die NATO und dann natürlich auch der europäische Pfeiler in der NATO angesprochen. Aber wie gesagt, der Ostseerat wird sich bei diesem Treffen auch mit dem Thema Resilienz und Sicherheit im Ostseeraum beschäftigen und darüber sprechen.

Zusatzfrage

Gibt es denn auch Staaten, die über diese Themen hinaus Sicherheitsthemen gern intensiver verhandeln oder besprechen würden?

Wagner (AA)

Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen. Ich höre aus Ihrer Frage heraus, dass es einen Dissens gäbe. Den nehme ich nicht wahr. Nach dem Treffen wird es ja diese Pressekonferenz geben, auf der wir uns zu diesen Themen noch einmal einlassen werden. Aber noch einmal: Das Thema Sicherheit und Resilienz und wie wir unsere Gesellschaften besser gegen hybride Drohungen beschützen, ist auch in diesem Forum, aber eben auch in vielen anderen Foren ein wichtiges Thema.

Nahostkonflikt

Frage

Herr Wagner, der UN-Menschenrechtsrat hat heute in Genf Israel des Kriegsverbrechens beschuldigt. Dabei geht es konkret um das vorsätzliche Angreifen der zivilen Bevölkerung als ein Kriegsmittel, um Folter, um grausame Behandlung der Gefangenen. Dazu hätte ich gern eine Stellungnahme.

Wagner (AA)

Der Bericht ist ja erst heute Morgen veröffentlicht worden. Wir schauen ihn uns jetzt sehr genau an. Das, was ich jetzt schon sagen kann, ist, dass er ein sehr klares Bild von den Verbrechen der Hamas am 7. Oktober zeichnet. Und er enthält eben auch schwerwiegende Vorwürfe an die israelische Kriegsführung. Ich kann Sie, bis wir ihn uns genau angeschaut haben, nur darauf verweisen, dass wir uns hier immer wieder sehr klar dazu eingelassen haben, dass das israelische Vorgehen natürlich an das humanitäre Völkerrecht gebunden ist.

Zusatzfrage

Sie haben die Hamas angesprochen, aber Sie wollen jetzt nicht zu israelischen Kriegsverbrechen Stellung nehmen. Diese Vorwürfe sind nicht neu, diese Vorwürfe gab es in der Vergangenheit auch. Sie haben sie nie bejaht. Wie stehen Sie jetzt dazu?

Wagner (AA)

Wenn ich mir selbst richtig zugehört habe, habe ich eben gesagt, dass dieser Bericht beim ersten kursorischen Anschauen heute Morgen sowohl das verbrecherische Vorgehen der Hamas-Terroristen am 7. Oktober sehr klar darstellt und aufzeichnet als auch schwerwiegende Vorwürfe gegen die israelische Kriegsführung erhebt. Wir schauen uns das jetzt genau an.

Frage

Eine Frage an Herrn Wagner und vielleicht auch an das BMZ. Es gibt in Jordanien eine Geberkonferenz für den Gazastreifen. Wissensfrage: Ist Deutschland daran beteiligt, und was wäre der deutsche Beitrag, den man dort bekanntgeben würde? Oder hat man dort nichts im Gepäck?

Wagner (AA)

Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, war diese Konferenz gestern. Aber ich mag mich gleich korrigieren. Wir waren dort, wenn ich es richtig im Kopf habe ‑ auch insoweit bitte ich meine Kollegen, die zuhören, gegebenenfalls um Korrektur ‑, durch Staatsminister Tobias Lindner vertreten.

Sie wissen, dass wir stark engagiert sind. Wir sind einer der größten humanitären Geber. Auf dieser Konferenz wurde noch einmal besprochen, was für mehr humanitäre Hilfe passieren muss und wie wir die Palästinenser noch besser unterstützen können.

Zusatzfrage

Es stimmt. Sie war gestern und nicht heute. Aber gibt es eine konkrete Zusage der Bundesregierung? Habe ich das übersehen?

Wagner (AA)

Ich habe jetzt die aktuelle Zahl nicht im Kopf, aber das liefere ich Ihnen bis zum Ende dieser Bundespressekonferenz gern nach.

Vorsitzende Wefers

Das BMZ hat, wenn ich es richtig interpretiert habe, signalisiert, dass der Sprecher des Auswärtigen Amtes alles dazu weiß.

Frage

Herr Wagner, der UNRWA-Chef Philippe Lazzarini hat heute in einem „SPIEGEL“-Interview Deutschland aufgefordert, seinen Einfluss auf Israel geltend zu machen, um die Angriffe auf UN-Mitarbeiter zu stoppen. Er hat auch darauf hingewiesen, dass bisher 192 UNRWA-Mitarbeiter ums Leben gekommen sind, Tausende in Gefangenschaft sind und auch gefoltert werden. Dazu erbitte ich eine Stellungnahme.

Wagner (AA)

Selbstverständlich muss diesen Vorwürfen nachgegangen werden. Wir haben uns hier immer wieder sehr klar zur UNRWA und der wichtigen Rolle der UNRWA eingelassen. Insofern verweise ich Sie hierauf. Wenn solche Vorwürfe im Raum stehen, muss ihnen natürlich nachgegangen werden, und es ist wichtig, dass alle Akteure mit den Vereinten Nationen kooperieren.

Zusatzfrage

Herr Lazzarini hat auch darüber berichtet, dass er nach Deutschland kommen wird. Wird es auch Gespräche mit dem Auswärtigen Amt geben?

Wagner (AA)

Wir sind unablässig mit den UN-Institutionen und auch mit Herrn Lazzarini und den Vertreterinnen und Vertretern von UNRWA im Gespräch. Es gibt also einen kontinuierlichen Dialog. Ich kenne keine konkreten Reisepläne. Ich meine, er wäre erst vor Kurzem hier gewesen, aber auch das kann ich noch einmal checken lassen.

Zur Frage von vorhin ‑ vielen Dank an meine Kollegen, die zuhören ‑: Die Konferenz in Jordanien war keine explizite Geberkonferenz, sondern eine Konferenz, die sich vor allem mit humanitären Fragen der palästinensischen Gebiete auseinandergesetzt hat. Deshalb gab es von uns auch kein konkretes “pledging”. Aber wir hatten zuletzt, soweit ich weiß, neue Gelder in Höhe von knapp unter 40 Millionen angekündigt. Das ist noch nicht lange her. Ich reiche Ihnen nachher die Gesamtzahl des deutschen Engagements mit Blick auf die humanitäre Hilfe in den palästinensischen Gebieten gerne nach.

Frage

Thema Waffenstillstand und diesbezüglicher Vorschlag des Weißen Hauses von vor ein paar Wochen. Jetzt haben die Hamas und der Islamische Dschihad eine Antwort übermittelt. Das Weiße Haus hat nur bestätigt, dass sie sie erhalten hat. Es ist unklar, was die konkrete Antwort seitens Hamas war und welche Forderungen man erhalten hat. Ist die Bundesregierung auf dem Stand der Verhandlungen? Haben Sie auch eine Antwort erhalten oder nur die Kataris und die Amerikaner?

Wagner (AA)

Diese Verhandlungen laufen ‑ das ist kein Geheimnis; wir haben es immer wieder gesagt ‑ zwischen Katar, der Hamas, Ägypten und den Amerikanern, die dabei eine wichtige ‑ sogar eine sehr wichtige ‑ Rolle spielen. Wir sind nicht direkt an diesen Gesprächen beteiligt, aber wir befinden mit all diesen Akteuren in enger Abstimmung.

Ich kann zur Aufklärung leider nicht mehr beitragen. Ich glaube, allen ist bewusst und klar, dass diese Feuerpause schnell kommen muss. Wir unterstützen den Biden-Plan und haben es auch begrüßt, dass sich der Sicherheitsrat dazu noch einmal dezidiert eingelassen und sich hinter diesen Plan gestellt hat. Insofern können wir nur alle Akteure dazu aufrufen, ihm zuzustimmen ‑ in der Tat stand bisher eine Rückmeldung der Hamas aus ‑ und schnell zur Implementierung dieses mehrstufigen Plans zu kommen.

Zusatzfrage

Aber ich verstehe Sie richtig, dass Sie die Antwort nicht erhalten haben?

Wagner (AA)

Ich kenne die Antwort nicht. Nein.

Zusatzfrage

Ich meine Ihr Haus. ‑ Meinen Sie mit „Feuerpause“ das Gleiche wie mit „Waffenstillstand“, oder ist das ein Unterschied?

Wagner (AA)

Der Biden-Plan ‑ wenn ich ihn salopp so nennen darf ‑, also der Vorschlag für ein Abkommen, ist sehr dezidiert und enthält, wenn ich es richtig im Kopf habe, drei Phasen. Die erste Phase einer mehrwöchigen Feuerpause soll dazu genutzt werden, dass Geiseln freikommen, dass humanitäre Hilfe nach Gaza hineinkommt, um dann ‑ das ist auch eine sehr wichtige Komponente dieses Vorschlags ‑ in einer zweiten und dritten Phase zu einer Lösung des Nahostkonflikts, also zu einem echten Waffenstillstand und zu einem politischen Prozess zu kommen, der zu einer Zweistaatenlösung hinführt.

Im Moment ist es akut, dass man in die erste Phase hineinkommt. Jetzt ist vor allen Dingen die Hamas im Obligo. Ein Angebot liegt auf dem Tisch, und die Hamas ist aufgerufen, ihm zuzustimmen.

Frage

Bundeskanzler Olaf Scholz hat zum Themenkontext Israel/Gaza auf einer EU-Wahlkampfveranstaltung am 1. Juni erklärt, ich zitiere kurz: „Die Hamas-Terroristen haben das alles aufgenommen, damit ihre Niedertracht, ihre Vergewaltigung in den Videos von der ganzen Welt gesehen werden können.“ Zum Zeitpunkt der Aussage des Bundeskanzlers war aber schon bekannt, dass sowohl der Abschlussbericht der UN-Sonderbeauftragten für sexuelle Gewalt in Konflikten als auch israelische Militärbehörden und umfangreiche Recherchen von „Haaretz“ und „Times“ zu dem Schluss gekommen sind, dass es keine visuelle Dokumentation von Vergewaltigungen gibt.

Heißt das im Umkehrschluss, dass der Kanzler den UN-Abschlussbericht und auch die entsprechenden Aussagen der israelischen Behörden infrage stellt?

Hebestreit (BReg)

Ich bin ein bisschen irritiert. Sie versuchen immer wieder, das Thema hier anzubringen. Es steht außer Zweifel, dass es schlimmste Vergewaltigungen durch Hamas-Terroristen am 7. Oktober in Israel gegeben hat. Es steht außer Frage, dass die Terroristen Kameras gehabt haben, dass sie ihre Taten zum Teil live gestreamt haben; zum Teil gab es Aufnahmen. Und es steht außer Frage, dass 1200 Israelis teils auf bestialische Art und Weise umgebracht worden sind. Das sind die Fakten, und sowohl das, was die Außenministerin zu diesem Kontext gesagt hat, als auch das, was der Bundeskanzler auf der Wahlkampfveranstaltung am 1. Juni gesagt hat, steht völlig im Einklang mit den Gegebenheiten.

Jede Art von Versuchen, Zweifel an diesen Tatsachen zu schüren, weise ich mit Abscheu und Empörung zurück. Das wird den Opfern nicht gerecht, das wird den Tatsachen nicht gerecht, und es bringt überhaupt nichts.

Zusatzfrage

Es geht, wie gesagt um behauptete Videoaufnahmen, und es erstaunt mich, ehrlich gesagt, mit welcher Nonchalance Sie Aussagen der Vereinten Nationen und der israelischen Behörden, Aussagen von engen deutschen Partnern, negieren, die explizit gesagt haben, es gibt keinerlei visuelle Dokumentation von Vergewaltigungen. Umfangreiche Recherchen von „Haaretz“ und „Times“, die den Vorwurf, den sie mir gemacht haben, kaum widerspiegeln würden, kommen dazu, dass es keine Videoaufnahmen gibt. Und sowohl der Kanzler als auch die Außenministerin der Bundesrepublik behaupten, es gibt diese.

Das ist ein Widerspruch. Damit relativiert man in keiner Weise, dass es sexuelle Gewalt gegeben hat. Aber als Kanzler und als Außenministerin kann ich nicht von Videoaufnahmen sprechen, wenn der Rest der Welt sie negiert.

Vorsitzende Wefers

Bevor Sie jetzt ‑ ‑ ‑

Hebestreit (BReg)

Herr Kollege ‑ ‑ ‑

Zusatz

Die Frage ist ja deutlich ‑ ‑ ‑

Vorsitzende Wefers

Jetzt bin ich an der Reihe! Bevor Sie beide sich darüber austauschen, was Sie finden und was Sie finden ‑ ‑ ‑

Zusatz

Das war ein harter, persönlicher Angriff.

Vorsitzende Wefers

Ich habe Sie ja erwidern lassen. Aber jetzt hätte ich gern eine Frage.

Zusatz

Das war eine Frage.

Vorsitzende Wefers

Bis jetzt habe ich noch keine Frage gehört. Sie haben gesagt, Sie haben eine andere Sichtweise, aber was ist die Frage?

Zusatzfrage

Die Frage dahinter war: Es gibt die explizite Aussage des UN-Abschlussberichts, die besagt, dass es keine Dokumentation gibt, und Herr Hebestreit hat gesagt, der Kanzler bleibt bei seiner Haltung. Ich würde gern wissen, aufgrund welcher Quelle der Kanzler dies sagt ‑ im Gegensatz zu den schon aufgezählten Quellen aus Israel, zu den Vereinten Nationen und zu renommierten israelischen Medien.

Hebestreit (BReg)

Ich habe in meiner ersten Antwort, die Sie später nachlesen können, versucht, die Antwort zu geben, die Sie suchen. Ich habe die Umstände ‑ wie es sich an diesem 7. Oktober zugetragen hat ‑ dargelegt und die Haltung dieser ‑ ‑ ‑

(Zuruf)

- Entschuldigung, darf ich ausreden? ‑ Ich habe die Umstände dargelegt, ich habe Ihnen den Gesamtzusammenhang dargestellt und habe danach auch transparent gemacht, was Sie mit Ihrer Fragestellung bewirken oder bedingen wollen. Es gibt keinerlei weiteres Erkenntnisinteresse, bei dem ich Ihnen helfen kann. Vielmehr gibt es eine klare Darstellung der Tatsachen, und das ist das, was wir dazu zu sagen haben.

Sie haben das jetzt, ich glaube, zum fünften oder sechsten Mal in dieser Bundespressekonferenz gefragt. ‑ Zum dritten Mal, zeigen Sie mir gerade an. Dann nehme ich das gern zurück. Es war zum dritten Mal. Aber Sie werden immer wieder die gleiche Antwort bekommen.

Frage

Noch ein anderes Thema zu Gaza. Herr Wagner, gab es eine Reaktion Ihrerseits auf die Geiselbefreiung am Wochenende, bei der vier israelische Geiseln befreit, aber laut Gaza-Gesundheitsministerium zeitgleich 270 Menschen getötet und 600 weitere verletzt worden sind?

Wagner (AA)

Es gab in der Tat eine Reaktion der Außenministerin, die sich gegenüber einer Mediengruppe eingelassen und davon gesprochen hat, dass es eine gute Nachricht ist, dass diese Geiseln befreit worden sind, dass dies Hoffnung gibt, dass es aber auch zu einem Prozess kommen muss, der zur Lösung dieses Konfliktes beiträgt.

Wir haben in der Tat auch die Berichte über die hohe Anzahl von zivilen Todesopfern gesehen. Das ist besorgniserregend, und in diesen Einsätzen gilt natürlich das humanitäre Völkerrecht. Jetzt ist es aber auch so, dass die Hamas diese Geiseln offensichtlich, sehr explizit und willentlich in Wohnhäusern und in einem dicht besiedelten Wohngebiet gefangen gehalten hat. Insofern ist das ein außerordentlich schwieriges Operationsgebiet. Aber in der Tat sind die Berichte über die sehr hohen Opferzahlen besorgniserregend, und jedes zivile Todesopfer ist natürlich eines zu viel.

Zusatzfrage

Da auch viele Kinder getötet wurden: Gab es eine Reaktion oder einen Austausch mit den Israelis, dass das vielleicht eine Nummer zu hart ist?

Wagner (AA)

Wir sind kontinuierlich mit unseren israelischen Partnern im Kontakt, und was ich zu diesem Vorgang zu sagen habe, habe ich eben gesagt.

Ich kann auf die Frage von Herrn Towfigh Nia noch nachliefern: Herr Lazzarini war tatsächlich Anfang Juni in Berlin und ist im Auswärtigen Amt hochrangig empfangen worden.

Erklärung der „Allserbischen Versammlung“

Frage

Wenn ich noch ganz schnell eine Frage an das Auswärtige Amt anschließen darf: Es geht um den westlichen Balkan und vor allem Serbien. Dort hat jetzt eine „Allserbische Versammlung“ stattgefunden. Ich hätte ganz gerne von Ihnen einen Kommentar, ob Sie glauben, dass das zu der Verständigung auf dem Westbalkan beiträgt, oder ob Sie das als problematisch ansehen.

Wagner (AA)

Vielen Dank. – Die „Allserbische Versammlung“, auf die Sie sich beziehen, war ja am Wochenende. Da gab es auch eine „Allserbische Erklärung“, und die finden wir, gelinde gesagt, sehr besorgniserregend und schädlich für Bosnien und Herzegowina, für Serbien und für alle Länder des westlichen Balkans; denn dort finden sich Äußerungen und Rhetorik, die nicht nur die Integrität Bosniens und Herzegowinas infrage stellen, sondern eben auch nationalistische Rhetorik sind. Insofern verurteilen wir das und rufen alle Akteure, vor allem und insbesondere aber auch Serbien sowie den Präsidenten der Republik Srpska , Milorad Dodik, dazu auf, diese Art von Rhetorik einzustellen und davon abzusehen und nicht die Integrität Bosniens und Herzegowinas auszuhöhlen.

Zusatzfrage

Hat das irgendwelche Konsequenzen gehabt, also dass der serbische Botschafter einbestellt wurde oder Ähnliches?

Wagner (AA)

Davon kann ich nichts berichten. Aber es ist natürlich so, dass diese Länder ja auf dem Weg in die Europäische Union sind, und es ist ganz klar, dass eine solche rückwärtsgewandte und nationalistische Rhetorik natürlich schädlich für diesen Weg ist. Das machen wir auch im Gespräch mit den Vertretern dieser Länder sehr klar.

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