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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 14.06.2024

14.06.2024 - Artikel

Lage in Sudan

Wagner (AA)

Ich nutze die Gelegenheit, um vielleicht noch einmal ein paar Punkte zur Lage im Sudan zu sagen. Die Lage der Menschen im Sudan ist dramatisch und spitzt sich in diesen Tagen weiter zu. Vermutlich viele Hunderttausend Menschen, wenn nicht mehr als eine Million, befinden sich mittlerweile in der Hungerstufe IPC 5. Das ist im Grunde die Stufe kurz vor dem Hungertod. Deutschland hat deswegen auf Anfrage von Hilfsorganisationen jetzt kurzfristig weitere 50 Millionen Euro der für 2024 „gepledgten“ humanitären Hilfe für Sudan und die von der Krise im Sudan betroffenen Nachbarstaaten freigegeben. Damit hat die Bundesregierung dieses Jahr bereits insgesamt 110 Millionen Euro an humanitärer Hilfe für den Sudan und die betroffenen Nachbarstaaten bereitgestellt.

Ganz besonders schlimm ist die Lage in Darfur. Die RSF ‑ das ist ja eine der beiden Gruppierungen, die sich da gegenüberstehen ‑ belagert die Hauptstadt Nord-Darfurs, Al-Faschir. Hier kommt es immer wieder zu Kämpfen zwischen RSF und SAF sowie regionalen Milizen ohne jegliche Rücksicht auf das Wohl von Zivilistinnen und Zivilisten. Wir verurteilen den Angriff auf das von „Ärzte ohne Grenzen“ betriebene Southern Hospital in Al-Faschir auf das Schärfste, und wir bekräftigen ausdrücklich die Forderung des UN-Sicherheitsrats an die RSF, die Belagerung der Stadt sofort einzustellen und Zivilisten, die Al-Faschir verlassen wollen, gehen zu lassen.

Es muss jetzt zu Gesprächen zwischen den Generälen kommen. Diese müssen an den Verhandlungstisch zurückkehren. Wir unterstützen dahingehend die Vorschläge des persönlichen Gesandten des UN-Generalsekretärs für Sudan, Ramtane Lamamra, der ein um Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate erweitertes Verhandlungsformat in Dschidda vorgeschlagen hat. Diese Gespräche müssen zeitnah aufgenommen werden. Die Außenministerin hat sich dazu eben auch noch einmal auf der Plattform X eingelassen.

Abschiebungen aus Deutschland nach Afghanistan

Frage

Ich habe noch einmal eine Frage zu der Abschiebung nach Afghanistan, aber diesmal an das Auswärtige Amt. Mehrere Ministerpräsidenten fordern, dass die Bundesregierung jetzt aktiv mit den Taliban redet. Hintergrund ist, dass sie sagen, dass aus humanitären Gründen sehr wohl Kontakte zur Taliban bestehen. Deswegen die Frage an Sie: Haben Sie mittlerweile versucht, mit den Taliban Kontakt aufzunehmen, auch mit dem Ziel von Abschiebungen?

Wagner (AA)

Wir haben das Thema hier letzte Woche sehr ausführlich besprochen. Dazu kann ich hier keinen neuen Sachstand beitragen. Es gibt diese punktuellen Kontakte ‑ die hat mein Kollege hier auch dargestellt ‑, die aber nicht in dem Zusammenhang stehen. Wir haben keine Vertretung, keine Botschaft vor Ort in Afghanistan. In Sachen Abschiebung gilt ja das, was der Kollege aus dem BMI gerade gesagt hat, dass da eine Prüfung läuft. Insofern kann ich Ihnen hier nicht noch Weiteres darbieten.

Frage

Herr Wagner, da muss ich jetzt doch noch einmal nachfragen. Eine Prüfung, ohne dass man mit den Taliban zu diesem Thema in Kontakt steht, wäre ja ziemlich absurd. Ist das zumindest geplant?

Wagner (AA)

Ich würde das nicht absurd nennen, weil sich ja eine ganze Reihe von praktischen, rechtlichen und inhaltlichen Fragen stellt. Insofern werden diese jetzt gewogen und geprüft. Was es zu Kontakten, die wir zu der De-facto-Regierung haben, zu sagen gibt, haben wir letzte Woche hier schon gesagt.

Nahostkonflikt

Frage

Zu Gaza: Am Mittwoch sagte Herr Wagner, dass er den UN-Menschenrechtsbericht, in dem Israel Kriegsverbrechen vorgeworfen werden, nicht gesehen habe. Haben Sie ihn nun gelesen?

Wagner (AA)

Ich hatte gesagt, der Bericht sei gerade vor ein paar Stunden eingegangen und weder ich noch die Kolleginnen und Kollegen im Hause hätten ihn anschauen können.

Ich kann zu dem Bericht grundsätzlich sagen, dass die Vorwürfe der möglichen Völkerrechtsverletzung durch Israel und Hamas sowie Hinweise zu möglichen Verstößen gegen humanitäres Völkerrecht im Bericht von der Bundesregierung natürlich sehr ernst genommen werden. Am Mittwoch hatte ich, meine ich, nach erstem Anschauen schon gesagt, dass der Bericht sehr genau die grausamen Verbrechen der Hamas vom 7. Oktober benenne, aber eben auch, wie Sie richtig sagen, schwerwiegende Vorwürfe gegen die israelische Kriegsführung erhebe. Wir haben an dieser und anderer Stelle immer wieder sehr klar gesagt, dass wir erwarten, dass humanitäres Völkerrecht eingehalten wird. Das sagen wir öffentlich, und das sagen wir in unseren direkten Gesprächen mit den israelischen Partnern. Deshalb rufen wir Israel auch im Lichte dieses Berichts dazu auf, diesen Hinweisen auf Verstöße nachzugehen, sie lückenlos aufzuklären und sie rechtlich zu ahnden.

Zusatzfrage

Wird das irgendwelche Konsequenzen haben, oder wird Deutschland weiterhin die Augen vor dem verschließen, was dort gegenwärtig läuft?

Wagner (AA)

Ich weise wirklich zurück, dass wir die Augen vor irgendetwas verschließen würden. Ich denke, wir setzen uns sehr aktiv dafür ein, dass es eine Lösung in diesem Konflikt gibt, einem Konflikt, der schon viel zu viele Opfer kennt. Das tun wir in vielerlei Hinsicht. Das tun wir mit Blick auf die humanitäre Hilfe für Gaza; das tun wir mit Blick auf die Befreiung der Geiseln; das tun wir mit Blick auf den Erhalt einer Lösungsperspektive, einer Perspektive auf eine Zweistaatenlösung.

Ich denke, ich war sehr deutlich in dem, was ich jetzt darüber gesagt habe, wie wir diesen Bericht einschätzen und was wir von unseren israelischen Partnern mit Blick auf diesen Bericht erwarten. Es ist ein differenzierter Bericht. Wir teilen nicht alle Aspekte der Analyse. Aber es ist kein einseitiger Bericht, der sich nur gegen die israelische Regierung richten würde. Insofern ist das, was ich gesagt habe, denke ich, sehr deutlich und sehr klar.

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