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Der „Erbfeind“ hat ausgedient

21.01.2019 - Namensbeitrag

In Aachen wird ein neuer deutsch-französischer Freundschaftsvertrag unterzeichnet. Außenminister Heiko Maas (SPD) hat in einem Gastbeitrag, erschienen unter anderem in der NWZ, aufgeschrieben, warum dieses Verhältnis besonders wichtig ist.

Außenminister Heiko Maas im Interview
Außenminister Heiko Maas im Interview© dpa

Emoji. Willkommenskultur. Lügenpresse. Als 2017 der Duden neu aufgelegt wurde, kamen 5000 Begriffe dazu, die inzwischen wie selbstverständlich zu unserem Sprachgebrauch gehören. Nicht wenige von ihnen spiegeln Zeitgeschichte wider, positiv wie negativ. Andere Begriffe stehen zwar noch im Duden, verschwinden jedoch mehr und mehr aus unserem Sprachgebrauch. Erbfeind zum Beispiel. Jahrhundertelang galt „der Franzose“ als Erbfeind der Deutschen. Diese Verblendung bereitete den Nährboden für zwei grauenvolle Weltkriege.

Mit dem Elysée-Vertrag haben Deutschland und Frankreich vor 56 Jahren die Lehren aus der blutigen Vergangenheit gezogen und „Nein!“. gesagt zur Erbfeindschaft, „Nein!“ zu Krieg und Zerstörung. Es war ein Neuanfang. Aus Aussöhnung wurde Verständigung, aus Verständigung Freundschaft. Heute gibt es kein Land, dem wir enger verbunden sind als Frankreich.

Aber wir dürfen uns nicht auf dem Erreichten ausruhen. Populisten und Nationalisten sind weltweit auf dem Vormarsch. Zölle und Handelsstreitigkeiten bedrohen unseren Wohlstand. Völkerrecht wird offen in Frage gestellt. Krisen und Konflikte haben Auswirkungen bis zu uns nach Europa – das hat uns nicht zuletzt die Flüchtlingsdebatte deutlich gezeigt. In diesen Zeiten brauchen wir einen noch engeren Schulterschluss mit Frankreich.

Das ist das Ziel des Vertrags von Aachen. Gemeinsam richten wir den Blick in die Zukunft. Wir stellen die deutsch-französische Freundschaft in den Dienst eines starken, handlungsfähigen Europas.

Wir laden alle Partner und Freunde ein, gemeinsam mit für eine friedliche, gerechte Welt und die regelbasierte internationale Ordnung zu kämpfen. Es geht uns aber auch um ganz konkrete Verbesserungen für das tägliche Leben der Menschen etwa in den Grenzregionen, um die noch engere Zusammenarbeit unserer Unternehmen und Verwaltungen. Kitas, Krankenversorgung, Schul- und Berufsausbildung über die Grenze hinweg, grenzübergreifende Jobvermittlung, Infrastrukturprojekte, die uns verbinden – all das ist Teil des Vertrags von Aachen. Kurzum: Lösungen für den Alltag, die wegweisend sein können für das Zusammenwachsen ganz Europas. Die Schlagbäume haben wir abgebaut, jetzt wollen wir auch letzte bürokratische Grenzen überwinden.

Die Generation meiner Eltern und Großeltern hat dafür gesorgt, dass aus Erbfeinden Partner und Freunde wurden. Mit dem Vertrag von Aachen setzen wir diesen Weg fort. Wir wollen dafür sorgen, dass das Wort „Erbfeind“ nie wieder in unseren Wortschatz zurückkehrt. Und ein neuer Duden vielleicht irgendwann ein neues Wort für das deutsch-französische Verhältnis enthält: „Erbfreund“.

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