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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 19.10.2020

19.10.2020 - Artikel

Mord an Samuel Paty in der Nähe von Paris

SEIBERT (BReg): Meine Damen und Herren, guten Tag! Am Freitag ist in der Nähe von Paris ein grauenhafter Mord verübt worden, der weit über Frankreich hinaus Entsetzen ausgelöst hat. Es war die Tat eines islamistischen Fanatikers. Das Opfer war ein Lehrer, der Unterricht über die Meinungsfreiheit und auch über die Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, abhielt und der damit ganz den Werten Frankreichs, Deutschlands und unseres gemeinsamen Europas entsprach. Es war bewegend, zu sehen, wie die Menschen gestern in Paris in Trauer und in Erinnerung an diesen Lehrer Samuel Paty für genau diese Werte demonstrierten. Die Bundesregierung steht an ihrer Seite gegen islamistische Gewalt und gegen den Hass in jeder Form. Unser Mitgefühl gilt der Familie des Ermordeten.

BURGER (AA): Ich würde gerne ergänzen, dass der Außenminister am Samstag dazu auch mit seinem französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian telefoniert hat. Er hat ihm auch noch einmal im Namen der Bundesregierung der Anteilnahme und der vollen Solidarität mit Frankreich sowie der Unterstützung der Bundesregierung versichert. Teil des Austausches war auch die Frage, wie man in unseren Gesellschaften Radikalisierung und islamistischem Extremismus gemeinsam entgegenwirken kann. Es wurde vereinbart, auch dazu in einem engen Austausch mit Frankreich zu bleiben.

FRAGE: Ich habe eine Frage, die sich wahrscheinlich an das Innenministerium richtet: Halten Sie diese Form der Einschüchterung, die ja von diesem Mord ausgeht, auch für gegeben, was Lehrer in Deutschland angeht? Haben Sie also Hinweise darauf, dass sich deutsche Lehrer in Bezug auf das Thema der Meinungsfreiheit Regeln oder Restriktionen auferlegen müssen, weil sie Angst haben, sonst ebenfalls Opfer von Attentaten zu werden?

ALTER (BMI): Zunächst einmal macht dieser schreckliche Vorfall deutlich, dass die Gefahr von islamistischer Gewalt ‑ man kann auch sagen: von islamistischem Terror ‑ weiterhin existiert, dass die Sicherheitsbehörden jeder Form von extremistischer Gewalt entgegenwirken und sie im Blick behalten müssen und dass für die Sicherheitsbehörden deswegen gilt, einen 360-Grad-Blick zu haben. Den haben sie auch.

Es liegen im Moment ‑ jedenfalls nach unseren Erkenntnissen ‑ keine konkreten Hinweise gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen oder Berufsgruppen vor. Aber dieses Ereignis, das ja in unmittelbarer Nachbarschaft stattfand, macht noch einmal deutlich, dass es keinen Grund gibt, bei den Maßnahmen, die man da zu treffen hat, nachzulassen.

Geberkonferenz für die Sahelregion

BURGER (AA): Außenminister Heiko Maas wird morgen an einer Geberkonferenz für die Sahelregion teilnehmen, die von Dänemark, Deutschland, der Europäischen Union und den Vereinten Nationen gemeinsam organisiert wird. Es handelt sich um eine virtuelle Konferenz. Der Zentralsahel im Dreiländereck von Burkina Faso, Mali und Niger hat sich seit 2018 zu einer der weltweit schlimmsten humanitären Krisenregionen entwickelt. Mehr als 13 Millionen Menschen sind dort auf humanitäre Hilfe angewiesen. Aktuell sind nur 40 Prozent des humanitären Finanzierungsbedarfs für 2020 in Höhe von 2,4 Milliarden Euro gedeckt. Durch die Konferenz sollen zusätzliche humanitäre Mittel mobilisiert werden, und auch Deutschland wird seine Mittel auf der morgigen Konferenz substanziell erhöhen.

FRAGE: Können Sie vielleicht noch ein bisschen präzisieren, auf welchen Betrag Deutschland das erhöhen will?

Welche Länder sind besonders dazu aufgefordert, sich besonders daran zu beteiligen, europäische oder außereuropäische Länder?

Ich habe noch eine ganz generelle Frage, weil Sie eben betont haben, dass das eine virtuelle Konferenz sei: Gehen wir jetzt wieder in ein Stadium über, in dem beispielsweise auch der Bundesaußenminister auf Reisen verzichtet?

BURGER: Zu Ihrer ersten Frage: Ich werde die Höhe der zusätzlichen Mittel, deren Bereitstellung Deutschland morgen bei dieser Konferenz ankündigen wird, jetzt an dieser Stelle nicht vorwegnehmen. Dafür bitte ich um Verständnis. Es handelt sich aber um eine ganz beträchtliche Größenordnung.

Selbstverständlich sind alle Staaten dazu aufgerufen, ihren Beitrag zu leisten, weil es hierbei um eine akute humanitäre Krise geht, weil Menschenleben betroffen sind und weil die ganze Weltgemeinschaft hier gemeinsam in der Verantwortung steht. Natürlich ist die Sahelzone ein Gebiet, dessen Stabilität und dessen Zustand für uns in Europa von ganz unmittelbarer Bedeutung sind. Auch deshalb engagiert sich Deutschland, engagiert sich die Europäische Union und engagieren sich andere europäische Partner dort. Aber unser Aufruf gilt natürlich allen Staaten der Welt, die in der Lage sind, hierzu Beiträge zu leisten.

Zu Ihrer zweiten Frage, was das internationale Konferenzgeschehen angeht, mache ich vielleicht eine Vorbemerkung: Das ist natürlich eine Frage, die immer wieder der Abwägung unterliegt. Wir haben für die Reisen des Außenministers und auch für Treffen beispielsweise der Ratsformation innerhalb der Europäischen Union, für die wir in diesem Halbjahr als EU-Ratspräsidentschaft ja besondere Verantwortung tragen, eigene Sicherheits- und Hygienekonzepte entwickelt, um das Ansteckungsrisiko bei diesen Reisen und bei diesen Treffen so weit wie möglich zu minimieren. Trotzdem bleibt es in jedem Einzelfall eine Abwägung, ob die Dringlichkeit der Themen, die zu besprechen sind, die Sensibilität der Themen und möglicherweise auch ein besonderer Sicherheitsbedarf bei der Diskussion der Themen ein physisches Treffen erforderlich machen oder ob ein solches Treffen nicht doch auch als Videokonferenz stattfinden kann. Insbesondere für die Ratstreffen im Rahmen der Europäischen Union haben wir uns den Grundsatz gegeben, dass immer dann, wenn es besonders sensible Themen oder ein besonderes Sicherheitsbedürfnis nicht erfordern, Videokonferenzen durchzuführen sind.

Ich möchte vielleicht ergänzend, weil diese Abwägung eben immer wieder eine besonders schwierige ist, eine Äußerung des Ministers in einem Interview am Wochenende zitieren. Er hat gesagt:

„Wenn es um Kriege und Krisen geht, muss man sich auch persönlich treffen und einander in die Augen schauen können. Das ist jedenfalls im Moment mit den erarbeiteten Hygienekonzepten möglich. So wie alle einen zweiten, kompletten Lockdown in Wirtschaft und Gesellschaft vermeiden wollen, sage ich: Einen diplomatischen Lockdown darf es nicht geben.“

COVID-19-Pandemie (Reisetätigkeiten von Mitgliedern der Bundesregierung)

FRAGE: Ich habe eine inhaltliche Frage und eine Frage zu diesem Reise- und Coronaaspekt. Wenn ich Herrn Burger richtig verstanden habe, hat der Außenminister gesagt, wenn es um Kriege und Krisen gehe, dann sei es im Moment noch verantwortbar, dass man sich physisch treffen. Jetzt würde ich Sie natürlich fragen: Fällt dieses Treffen unter die Kategorie „Kriege und Krisen“?

Haben Sie Informationen darüber, ob möglicherweise einige Delegationen gar nicht nach Berlin reisen wollen, weil Berlin als Risikogebiet gilt? […]

[…]

BURGER (AA): Ich möchte ganz kurz ergänzen, damit jetzt kein falscher Widerspruch zwischen unseren Aussagen konstruiert wird. Ich habe ja davon gesprochen, dass die Abwägung zwischen der Notwendigkeit getroffen werden muss, Diskussionen mit einem besonderen Sicherheitsbedürfnis physisch zu führen. Der Minister hat das sozusagen mit dem Begriff „Kriege und Krisen“ veranschaulicht. Das bedeutet aber nicht, dass diese Schwelle immer erst dann erreicht ist, wenn geschossen wird.

Ich würde vielleicht gern noch zur Veranschaulichung sagen, was die Hygienekonzepte angeht, insbesondere bei den Ratstreffen in Luxemburg:

Wer den Sitzungsraum für den Rat in Luxemburg kennt, weiß: Das ist ein riesengroßer Raum. Dort gilt im Moment beispielsweise die Teilnehmerformel eins plus eins, das heißt die Ministerin und die Minister plus jeweils eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter in einem Sitzungsraum, in dem unter normalen Bedingungen für, glaube ich, zwölf Delegationsmitglieder Platz ist. Es gilt ein Abstandsgebot von zwei Metern. Es gibt eine Maskenpflicht. Es gibt die regelmäßige Desinfizierung der Sitzungsräume und einen ‑ wie Ihre Kolleginnen und Kollegen zu Recht beklagen ‑ strikt begrenzten Zugang für Pressevertreterinnen und -vertreter sowie Dienstleister. Das alles sind Maßnahmen, die natürlich den Betrieb einschränken, aber die nach unserem Dafürhalten im Moment dazu beitragen, dort ein Sicherheitsniveau zu schaffen, in dem solche Treffen stattfinden können, wenn die politische Sensibilität es erfordert.

FRAGE: Meine Frage leitet sozusagen in den anderen Themenkomplex direkt über.

Die Kanzlerin hat ja am Wochenende in ihrem Podcast sehr dringlich daran appelliert, dass überflüssige Reisen oder Reisen, sofern sie nicht unbedingt nötig sind, unterbleiben sollten. Bedeutet dieser Appell, der natürlich auch für die Mitglieder der Regierung gelten muss, dass jetzt noch einmal eine zusätzliche Prüfung der Notwendigkeit stattfindet? Ist das bei diesen Reisen mit ins Kalkül einbezogen?

Ich möchte meine Frage an Herrn Seibert angesichts dieser Situation erneuern: Ist jetzt daran gedacht oder wird es schon praktiziert, regelmäßige Testungen, vor allem von Regierungsmitgliedern, die doch noch erheblichen physischen Kontakt zu anderen haben, durchzuführen?

SEIBERT (BReg): Das Erste, weil Sie von erheblichem physischem Kontakt sprechen: Die Bundeskanzlerin und das Kanzleramt halten sich streng an die Hygiene- und Infektionsschutzempfehlungen des Robert-Koch-Instituts. Das betrifft Hygiene. Das betrifft Händewaschen. Das betrifft Maskentragen, und das betrifft Abstand. Das sind strenge Regeln, die eingehalten werden. Deswegen kommt es rund um die Bundeskanzlerin nicht zu dem, was Sie gerade genannt haben. Sie trifft Menschen im Abstand ‑ geschützt, mit Maske ‑ und hat natürlich auch ihre physischen Kontakte im Zusammenhang mit ihrer Arbeit stark reduziert. Sie sehen es daran, dass ganz viele Veranstaltungen, die sonst in physischer Präsenz stattgefunden hätten ‑ nehmen wir heute den Integrationsgipfel ‑, als Videokonferenz stattfinden.

Jetzt habe ich die anderen Fragen vergessen. Es tut mir leid.

ZUSATZFRAGE: Die zweite Frage war, ob jetzt doch so etwas wie regelmäßige Testungen oder Testungen vor Reisen, in denen physische Kontakte immerhin möglich sind, stattfinden.

SEIBERT: Auch bei den Testungen halten sich die Bundeskanzlerin und ihre Mitarbeiter des Bundeskanzleramtes an die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts.

ZUSATZFRAGE: Das heißt: Nein? Es werden keine regelmäßigen Testungen durchgeführt?

SEIBERT: Das heißt, es gibt Testungen entsprechend den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts.

Ihre dritte Frage ist mir wieder eingefallen. Sie haben nach Reisen der Mitglieder der Bundesregierung gefragt.

Ich denke, es ist seit vielen Wochen bereits der Fall, dass sich jeder überlegt, ob eine Reise dienstlich notwendig ist, ob das gleiche Ziel durch eine Videokonferenz, durch eine andere Form der Kommunikation, erreicht werden kann. Das ist ja längst der Stand der Dinge.

BURGER: Ich möchte vielleicht zur Veranschaulichung sagen, was das im Kontext des tatsächlichen Reisegeschehens ‑ jetzt beispielsweise des Außenministers ‑ für die Testung bedeutet.

Das bedeutet, dass vor Reisen in Risikogebiete und nach Rückkehr aus Risikogebieten in entsprechendem zeitlichen Abstand alle Teilnehmer der Delegation einschließlich des Ministers getestet werden, wie das eben bei der Rückkehr aus Risikogebieten vorgesehen ist. Die Testungen werden nach Rückkehr auf Empfehlung, u. a. des Gesundheitsdienstes des Auswärtigen Amtes, in der Regel im Abstand von fünf Tagen durchgeführt. Das ist wiederum kein Ersatz dafür, dass während der Reisen besonders strenge Sicherheitsstandards gelten ‑ Abstandsregeln, Maskenpflicht und die strenge Reduktion der Delegationsgröße auf das absolute Minimum des Notwendigen. Selbst mit all diesen Vorkehrungen und all diesen Sicherheitsmaßnahmen gilt trotzdem noch, dass in jedem Einzelfall streng abzuwägen ist: Ist die Reise tatsächlich erforderlich?

HAUFE (BMU): Ich kann das noch einmal praktisch ergänzen. Bei den Terminen, die ich Ihnen genannt habe, muss es vorher eine Testung geben und danach sofort wieder. Ansonsten kann man nicht am Treffen teilnehmen. Das ist so vorgeschrieben.

Konflikt zwischen Griechenland und der Türkei im östlichen Mittelmeer

FRAGE: Herr Burger, meine Frage bezieht sich auf die Türkei und die Ausweitung von Seenotrettungsgebieten. Das ist ja möglicherweise als Provokation gegenüber Griechenland zu sehen. Gibt es diesbezüglich eine Einschätzung von Ihrer Seite? Verurteilen Sie das oder hat die Türkei richtig gehandelt? Ist das rechtlich korrekt?

BURGER (AA): Wir kennen diesen Sachverhalt bisher nur aus den Nachrichten. Ich kann Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt dazu noch keine vertiefte Einschätzung geben. Wenn ich diesbezüglich etwas nachzureichen habe, werde ich das gerne tun.

FRAGE: Plant die Bundesregierung eine neue Initiative für die Aufnahme von Gesprächen zwischen Griechenland und der Türkei?

BURGER: Die Bundesregierung ist seit vielen Wochen sowohl mit Griechenland als auch mit der Türkei immer mit dem Ziel im Gespräch, direkte Gespräche zwischen beiden Seiten über die Fragen, die sich insbesondere im östlichen Mittelmeer stellen, zu ermöglichen. Diese Bemühungen dauern an. Konkrete Gesprächstermine habe ich Ihnen jetzt aber nicht anzukündigen.

Politische Aktivitäten des thailändischen Königs von deutschem Boden aus

FRAGE: Herr Burger, es geht um das Thema Thailand. Frau Adebahr hatte hier letzte Woche schon auf eine Frage dazu geantwortet und hat gesagt, dass man davon ausgehe, dass sich der thailändische König, der große Phasen seiner Zeit hier in Deutschland verbringt, aus politischen Geschäften zurückhalten solle. Man habe das dem thailändischen Botschafter auch mehrfach übermittelt. Warum war diese mehrfache Übermittlung dieses Wunsches oder dieser Mahnung eigentlich notwendig? Gibt es Hinweise darauf, dass der thailändische König sich doch von hier aus in die Politik in Thailand einmischt?

BURGER (AA): Ich kann Ihnen hier über das hinaus, was Frau Adebahr dazu vergangene Woche gesagt hat, nichts mitteilen. Im Moment befindet sich der König in Thailand. Es gibt dort politische Entwicklungen ‑ Demonstrationen ‑, die wir sehr genau verfolgen. Auch dazu sind wir mit der thailändischen Seite im Gespräch. Aus unserer Sicht ist die Presse- und Demonstrationsfreiheit ein hohes Gut, die geschützt werden muss. Eine friedliche Meinungsäußerung muss möglich sein. Deswegen sollten gewaltsame Zusammenstöße dort weiter vermieden werden.

Wie gesagt, derzeit hält sich der thailändische König in Thailand auf.

ZUSATZFRAGE: Wenn der König sich in Thailand aufhält, ist es für ihn dann ein Problem, wieder nach zu Deutschland zu reisen, wenn er das will? Hätte die Bundesregierung dagegen Einwände, weil sich die Proteste ja auch gerade gegen die konstitutionelle Monarchie richten?

BURGER: Ich werde einer solchen Situation jetzt nicht vorgreifen. Im Moment befindet sich der König, wie gesagt, in Thailand. Wir haben in der Vergangenheit keine Einwände gegen private Aufenthalte des thailändischen Königs geäußert. Wie gesagt, sind wir der Auffassung, dass ausländische Staatsgeschäfte nicht von deutschem Boden erfolgen sollten.

Situation politischer Gefangener in Ägypten

FRAGE: Herr Burger, ich habe eine Frage zum Thema der Menschenrechte in Ägypten. Mitglieder des US-Kongresses haben in einem Brief an den ägyptischen Präsidenten ihre große Sorge über die Situation der politischen Gefangenen in dem Land geäußert und die Freilassung der Gefangenen gefordert.

Wie bewertet Ihr Haus die Situation der politischen Gefangenen in Ägypten?

BURGER (AA): Es tut mir leid, mir liegt der Brief im Moment nicht vor, und ich kenne auch den Kontext nicht.

Wir haben uns zur Menschenrechtslage in Ägypten hier immer wieder geäußert und gesagt, dass wir erheblichen Verbesserungsbedarf sehen. Wir haben uns insbesondere zur Frage der Meinungsfreiheit und der Betätigungsfreiheit der Zivilgesellschaft geäußert. Wir haben uns auch zur Problematik von Folter in ägyptischen Gefängnissen geäußert.

Wenn ich zu dem von Ihnen nachgefragten Sachverhalt etwas Konkretes ergänzen kann, dann werde ich das gern nachliefern.

Präsidentschaftswahl in Bolivien

FRAGE: An das Auswärtige Amt: Die Präsidentschaftswahl in Bolivien ist noch nicht endgültig ausgezählt. Aber bereits jetzt haben konservative Kandidaten und die konservative Übergangspräsidentin dem Kandidaten des linken Lagers zum Wahlsieg gratuliert.

Ist aus Sicht der Bundesregierung diese Wahl von den demokratischen Mängeln, die Sie der Vorgängerwahl attestiert haben, frei? Handelt es sich also nach Ihrer Erkenntnis um einen demokratisch einwandfreien Wahlvorgang? Wie beurteilen Sie den Wahlvorgang und, wenn es geht, auch das sich abzeichnende Ergebnis?

BURGER (AA): Zunächst einmal begrüßen wir, dass die Wahlen ruhig und geordnet verlaufen sind. Bis die Endergebnisse da sind, werden noch einige Tage vergehen. Das müssen wir abwarten. Grundsätzlich ist es ein wichtiger Schritt zur innenpolitischen Stabilisierung, wenn Frau Áñez als Vertreterin des konservativen Lagers Herrn Arce zum Wahlsieg gratuliert.

Sie wissen vielleicht, dass eine sechsköpfige EU-Expertenmission seit Mitte September vor Ort ist, um die Wahlen zu begleiten. Nach Einschätzung der Mission hat die bolivianische Wahlkommission bei der Vorbereitung der Wahlen gute Arbeit geleistet. Eine abschließende Einschätzung der EU-Beobachter liegt aber noch nicht vor.

Ich darf vielleicht noch ergänzen, dass das Auswärtige Amt diesen Wahlprozess auch mit drei Projekten zur Demokratieförderung mit Partnern aus der Zivilgesellschaft begleitet hat, erstens zur Durchführung von Umfragen, zweitens zur Ausrichtung einer Präsidentschaftsdebatte und drittens zur Wahlbeobachtung durch die Vereinigung interamerikanischer Wahlgerichte, also zu lokaler Wahlbeobachtung. Außerdem wurde Unterstützung bei der Einführung eines „Wahl-O-Maten“ geleistet, der vor allem jüngeren Wählerinnen und Wählern die Möglichkeit gibt, sich mit den politischen Inhalten der Kontrahenten näher auseinanderzusetzen.

ZUSATZFRAGE: Bei der davorliegenden Wahl wurde festgestellt oder gesagt, es habe Wahlfälschungen gegeben. Vergleichbare Beobachtungen gab es dieses Mal offenbar nicht. Also hat es sich nach allem, was Sie wissen, um eine Wahl gehandelt, die allen demokratischen Anforderungen genügt. Verstehe ich Sie so richtig?

BURGER: Nein. Was ich gesagt habe, ist, dass bisher noch keine Berichte vorliegen, weder der EU-Expertenmission noch meines Wissens von anderen Wahlbeobachtungsmissionen, die das systematisch ausgewertet hätten. Deswegen habe ich dazu jetzt einfach noch keine Aussage zu treffen.

UN-Waffenembargo gegen den Iran

FRAGE: An das Auswärtige Amt: Das Iran-Waffenembargo ist ja am Wochenende abgelaufen, das heißt, der Iran kann legal Waffenhandel betreiben. Gibt es dazu eine Stellungnahme ihres Ministeriums?

BURGER (AA): Ja. Wir haben wiederholt gemeinsam mit unseren E3-Partnern unsere Sorge zum Ausdruck gebracht, dass ein Auslaufen des konventionellen Waffenembargos des Sicherheitsrats gegen Iran Auswirkungen auf Sicherheit und Stabilität in der Region haben könnte. Wir haben uns deswegen in den vergangenen Monaten intensiv für einen Kompromiss im Sicherheitsrat bemüht, doch leider konnte keine Lösung gefunden werden, die im Sicherheitsrat von allen mitgetragen worden wäre. Auch aktuell gibt es im Sicherheitsrat leider keine Ansatzpunkte für eine Neuregelung des Waffenembargos durch eine Resolution. Wir stehen als E3 allerdings weiterhin mit den zentralen Akteuren in Kontakt und loten aus, ob es Wege gibt, durch die die möglichen regionalen Auswirkungen begrenzt werden könnten.

Wichtig ist, dass sich jetzt sowohl Iran als auch Staaten, die mit dem Gedanken spielen, sich an Waffengeschäften mit Iran zu beteiligen, mit Blick auf Sicherheit und Stabilität der Region verantwortungsvoll verhalten und größte Zurückhaltung üben. Zudem möchte ich hier noch einmal betonen: Das EU-Waffenembargo bleibt unverändert in Kraft, und wir wissen auch von anderen Ländern wie der Schweiz, Norwegen, Australien und Kanada, dass sie ähnliche Embargobestimmungen gegen Iran weiter in Kraft lassen.

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