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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­pressekonferenz vom 01.03.2021

01.03.2021 - Artikel

Entwicklungen in Myanmar nach dem Militärputsch

SEIBERT (BReg): Ich will tatsächlich für die Bundesregierung zu den Entwicklungen in Myanmar nach dem Militärputsch Stellung nehmen. Die jüngste Entwicklung dort ist bestürzend. Das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte ‑ der Einsatz von scharfer Munition gegen friedliche Demonstranten ‑ hat bereits zu mehreren Toten aufseiten der Demonstranten und zu zahlreichen Verletzungen geführt. Solch tödliche Gewalt gegen friedliche Demonstranten ist durch nichts zu rechtfertigen. Die Bundesregierung verurteilt das auf das Schärfste. In ähnlichem Sinne haben sich ja auch der Hohe Vertreter der Europäischen Union, Josep Borell, und UN-Generalsekretär Guterres geäußert.

Die Bundesregierung fordert das Militär und die Polizeikräfte in Myanmar auf, diese Gewalt gegen Demonstranten zu beenden und äußerste Zurückhaltung zu üben. Die Menschenrechte und das Völkerrecht müssen geachtet werden. Wir fordern das Militär auf, im Rahmen eines Dialogs die Rückkehr zum Demokratisierungsprozess zuzulassen. Die festgenommenen Spitzenpolitiker ‑ darunter San Suu Kyi, aber auch Staatspräsident Win Myint ‑ müssen umgehend freigelassen werden. Rechtsstaatliche Prinzipien sind zu respektieren. Die gewählte Zivilregierung muss wieder eingesetzt werden, damit eine Rückkehr zur demokratischen Ordnung möglich ist.

BURGER (AA): Ich darf noch zwei Elemente beitragen, zum einen die Information, dass die Position, die Herr Seibert gerade vorgetragen hat, gegenüber dem Militär von Myanmar von unserer Seite auch dadurch zum Ausdruck gebracht wird, dass das Auswärtige Amt für heute die Botschafterin Myanmars einbestellt hat.

Zum anderen möchte ich für die Bundesregierung erklären, dass wir den regionalen Dialogansatz der Regionalorganisation ASEAN, um nach Auswegen aus der Krise zu suchen, unterstützen . In diesem Zusammenhang begrüßen wir insbesondere das für morgen geplante Treffen der ASEAN-Außenminister zu Myanmar. Wir rufen das myanmarische Militär auf, diese Chance zu nutzen, um eine dialoggestützte politische Lösung der Krise in Myanmar einzuleiten.

FRAGE: Das ist eigentlich die klassische Frage nach Sanktionen, sowohl an Herrn Seibert als auch an Herrn Burger. Kritik an dem Vorgehen der Militärs hat es ja vorher schon gegeben. Offenbar hat sich das Militär davon aber bisher noch nicht wirklich beeindrucken lassen. Warum sollte das diesmal der Fall sein?

BURGER: Sie haben es mitbekommen: Heute vor einer Woche beim Treffen der EU-Außenminister gab es die Verständigung auf ein gemeinsames Vorgehen der EU. Dazu gehört auch, die Verhängung neuer Sanktionen vorzubereiten. Nach der brutalen Repression der letzten Tage stellt sich die Frage nach zusätzlichen Sanktionen umso dringlicher. Das hat der EU-Außenbeauftragte Borell in seiner gestrigen Stellungnahme bereits unterstrichen, und das unterstützen wir ausdrücklich.

ZUSATZFRAGE: Was für eine Art von Sanktionen kann sich die Bundesregierung als zusätzliche Maßnahme vorstellen?

BURGER: Ich kann darauf verweisen, dass vonseiten der EU ja bereits Sanktionen gegenüber Myanmar bestehen, zum einen das Waffenembargo, das noch aus dem Jahr 1996 stammt. Außerdem hat die EU 2018 im Zusammenhang mit dem Vorgehen gegen die Rohingya bereits gegen 14 Militärs Einreiseverbote in die EU erlassen und ihre Vermögenswerte eingefroren. Bezüglich möglicher zusätzlicher Maßnahmen möchte ich den weiteren Beratungen in der EU jetzt aber nicht vorgreifen.

Staatsbürgerschaft von Julija Nawalnaja

FRAGE: Eine Frage an das Innenministerium: In den russischen Medien hat sich eine Meldung breitgemacht, dass die Frau von Nawalny, Julija Nawalnaja, eine deutsche Staatsbürgerin ist oder kürzlich die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen hat. Stimmt das?

LAMMERT (BMI): Wir äußern uns grundsätzlich nicht zu persönlichen Angelegenheiten. Ich weiß nicht, ob das Auswärtige Amt noch eine Ergänzung hat. Aber von unserer Stelle gibt es keine.

BURGER (AA): Ich kann ergänzen, dass wir in den letzten Tagen gesehen haben, dass in den sozialen Medien Bilder eines angeblichen Personalausweises kursieren. Diese Bilder sind eine Fälschung.

ZUSATZFRAGE: Die Frau von Nawalny und er selbst waren ja ziemlich lange in Deutschland. Hatte sie für diese Zeit einen Aufenthaltstitel, eine Aufenthaltsgenehmigung oder ein Visum?

LAMMERT: Hier gilt das, was ich gerade schon gesagt habe. Zu individuellen und persönlichen Fragen äußern wir uns nicht.

In Hamburg gestrandete Seeleute aus Kiribati

FRAGE: Können Sie bestätigen, dass alle in Hamburg gestrandeten Seeleute aus Kiribati nun nach Hause reisen dürfen?

BURGER (AA): Dazu müsste ich Ihnen die Antwort nachreichen.

[…]

BURGER: Ich darf noch eine Antwort zu der Frage von vorhin nach den Seeleuten aus Kiribati nachreichen: Wir bemühen uns mit den Verantwortlichen in Fidschi und Kiribati weiter darum, dass die Seeleute schnell nach Hause zurückkehren können. Es freut uns, dass es über die bisherigen 70 Zusagen hinaus nun weitere Zusagen aus Fidschi gibt. Wir hoffen deshalb, dass es mit der Ausreise nun bald losgehen kann.

Bericht des US-Geheimdienstes zur Ermordung von Jamal Khashoggi

FRAGE: Wie reagiert die Bundesregierung auf die Erkenntnisse der US-Geheimdienste, wonach Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman unmittelbar für die Ermordung des Journalisten Khashoggi verantwortlich ist?

BURGER (AA): Dieser angesprochene Bericht präsentiert Schlussfolgerungen von US-amerikanischen Diensten aus diversen Fakten und nachrichtendienstlichen Erkenntnissen zur Ermordung von Jamal Khashoggi, die aber in dem Bericht selbst nicht veröffentlicht wurden. Ohne genaue Kenntnis der zugrundeliegenden Dokumente können wir hier auch keine neuen abschließenden Bewertungen oder Schlussfolgerungen treffen.

Die USA selbst haben ja weitere Maßnahmen gegen Individuen angekündigt, also gegen Personen, die nach der Bewertung der USA an Aktionen gegen Oppositionelle im Ausland beteiligt sind. In Europa gelten bereits seit 2018 Einreisesperren für mehrere mutmaßlich an der Tat Beteiligte. Das war damals eine gemeinsame Initiative Deutschlands und Frankreichs. Wir gehen davon aus, dass diese Einreisesperren für den Schengen-Raum unverändert gültig bleiben.

Genauso wie die USA das tun, werden wir den kritischen Dialog mit Saudi-Arabien fortführen. Wir haben immer die Situation der Menschenrechte gegenüber Saudi-Arabien auf allen Ebenen angesprochen und werden dies auch weiterhin tun. Es ist insofern erfreulich, dass sich die USA hier der deutschen und der EU-Position angenähert haben. Wichtig ist, dass so etwas wie die Ermordung von Jamal Khashoggi nie wieder vorkommen kann. Daran wird sich Saudi-Arabien messen lassen müssen.

FRAGE: Herr Burger, den Bericht und diese Zusammenfassung kennen Sie. Dieser sagt zur Einbindung von Mohammed bin Salman: Es sei, auch wegen der Zuständigkeit für die Geheimdienste, undenkbar, dass die Ermordung Khashoggis ohne seine Zustimmung erfolgt sei. A) Entspricht das Ihrem Kenntnisstand? B) Welche Konsequenzen hat das für die deutsche Rüstungsexportpolitik gegenüber Saudi-Arabien? Sie ist ja sozusagen eingefroren oder gestoppt. Der Stopp ist bis Ende dieses Jahres verlängert worden. Gleichwohl werden weiterhin Waffen, die in Kooperation mit anderen Partnern produziert werden, dorthin gelangen können. Können Sie an diesem Umgehungstatbestand etwas ändern und wollen Sie das?

BURGER: Wie Sie richtig ausgeführt haben: Bereits jetzt gilt ‑ und das gilt auch weiterhin ‑, die Bundesregierung hat sich verständigt, grundsätzlich keine Genehmigungen für Exporte von Rüstungsgütern aus Deutschland nach Saudi-Arabien zu erteilen. Das ist gerade noch einmal bis zum 31. Dezember 2021 verlängert worden. Das gilt.

Im Übrigen, wie ich es gerade ausgeführt habe: Der Bericht, der in den USA veröffentlicht wurde, präsentiert ja Schlussfolgerungen der US-Dienste. Was dort nicht veröffentlicht wird, sind die diesen Schlussfolgerungen oder Bewertungen zugrundeliegenden nachrichtendienstlichen Erkenntnisse. Insofern ergibt sich für uns daraus zunächst einmal kein neuer Erkenntnisstand. Es gilt das, was wir in der Vergangenheit zur Einordnung dieses Falls gesagt haben.

Wir sind natürlich mit den USA dazu im Gespräch. Die USA haben ja auch eine Neuausrichtung ihrer Politik gegenüber Saudi-Arabien angekündigt. Das ist etwas, wozu wir natürlich im Dialog mit den amerikanischen Partnern bleiben wollen.

FRAGE: Der Kollege hat ja noch eine andere Frage zur Rüstung gestellt. Das können Sie vielleicht noch beantworten.

Ich würde gern von Herrn Seibert wissen: Macht die Bundesregierung wie die US-Regierung seit Freitag den saudischen Kronprinzen für die Ermordung von Khashoggi mit verantwortlich?

SEIBERT (BReg): Kollege Burger hat das für das Auswärtige Amt ja gerade gesagt.

ZURUF: Aber Sie sprechen für die Bundesregierung.

SEIBERT: Ja, er auch. Er hat gerade begründet, warum und wie wir zu diesen Berichten, die jetzt aus den USA bekanntgeworden sind und die wir zur Kenntnis genommen haben, Stellung nehmen.

ZUSATZFRAGE: Ich habe eine Verständnisfrage: Die US-Regierung macht den saudischen Kronprinzen für diesen Mord mitverantwortlich. Habe ich die Bundesregierung richtig verstanden, dass sie das auch tut?

SEIBERT: Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist, dass Herr Burger noch einmal wiederholt, was er zweimal gesagt hat. Das, was er gesagt hat, ist doch sehr unmissverständlich.

ZURUF: Also?

SEIBERT: Da es nicht sinnvoll ist, dass er es ein drittes Mal wiederholt, würde ich sagen: Lesen Sie das vielleicht im Protokoll nach.

FRAGE: Herr Burger, ich möchte es einmal anders probieren. Wenn Sie sagen, dass die dahinterliegenden Geheimdiensterkenntnisse oder nachrichtendienstlichen Erkenntnisse nicht in dem Bericht stehen, können Sie noch einmal genauer beschreiben, wie das weitere Verfahren ist? Bittet jetzt die Bundesregierung oder der BND darum, dass diese Erkenntnisse auch Deutschland zur Verfügung gestellt werden, und wird dann der BND ‑ oder wer auch immer ‑ selber zu einer Erkenntnis kommen, auf der dann mögliche weitere Sanktionen aufbauen?

BURGER: Ich muss um Verständnis bitten, dass ich ‑ wie das hier üblich ist ‑ hier über nachrichtendienstliche Sachverhalte keine Auskunft geben darf. Das wäre auch nicht meine Zuständigkeit als Sprecher des Auswärtigen Amts.

Ich habe ja gesagt, dass wir mit den Vereinigten Staaten in einem engen Kontakt stehen und uns natürlich auch über unsere Politik gegenüber dieser Weltregion austauschen, weil es eine wichtige Weltregion für unsere Außenpolitik ist. Wir nehmen zur Kenntnis, dass sich die Haltung der Vereinigten Staaten unter der neuen Regierung weiterentwickelt hat. Wir sehen auch eine große Übereinstimmung in den Zielen und in den Leitlinien, die die amerikanische Politik formuliert hat. Insofern wird es da auch weiter einen engen Austausch geben.

ZUSATZFRAGE: Herr Burger, meine Frage war wahrscheinlich falsch an Sie gerichtet, weil der BND vom Kanzleramt beaufsichtigt wird. Also jetzt eine Verständnisfrage an Herrn Seibert: Gibt es den Wunsch an die amerikanische Regierung, dass diese nachrichtendienstlichen Erkenntnisse jetzt auch der Bundesregierung zur Verfügung gestellt werden?

SEIBERT: Ich fürchte, ich werde Sie da enttäuschen müssen. Es ist bekannt, dass es enge nachrichtendienstliche Kontakte zwischen den Stellen in der Bundesrepublik und denen in den Vereinigten Staaten gibt. Um welche Inhalte es geht, welche Wünsche von der einen oder anderen Seite ausgedrückt werden, welches Interesse besteht, das ist nicht Gegenstand für die Bundespressekonferenz.

Luftangriffe der USA in Syrien

FRAGE: Hat die Bundesregierung Kenntnis, auf welcher völkerrechtlichen Grundlage die USA in der vergangenen Woche Luftangriffe auf das Hoheitsgebiet der syrischen arabischen Republik durchgeführt haben?

BURGER (AA): Ich kann dazu verweisen, dass wir Kenntnis von einem Brief des Weißen Hauses an den US-Kongress haben, der so auch veröffentlicht wurde. In diesem Brief wird auf Artikel 51 der UN-Charta Bezug genommen. Da geht es um das Recht auf Selbstverteidigung. Darin begründet das Weiße Haus sein Vorgehen unter anderem damit, dass Syrien nicht in der Lage und nicht bereit ist, die Nutzung syrischen Territoriums durch Gruppierungen, die für Angriffe ‑ in diesem Fall auf US-Truppen ‑ verantwortlich sind, zu verhindern.

Menschenrechtslage in Xinjiang

FRAGE: An Herrn Seibert bzw. Herrn Burger: Das niederländische Parlament wirft den Chinesen Völkermord an den Uiguren vor. Was ist da die Haltung der Bundesregierung?

BURGER (AA): Vielen Dank. ‑ Zur Lage in Xinjiang hat sich der Außenminister heute vor einer Woche im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen geäußert. Ich darf das kurz zitieren:

„Unser Bekenntnis zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte lässt keinen Raum für die willkürliche Internierung ethnischer Minderheiten wie der Uiguren in Xinjiang oder Chinas hartes Vorgehen gegen bürgerliche Freiheitsrechte in Hongkong.“

Dem können Sie die Positionierung der Bundesregierung zu dieser Frage entnehmen.

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