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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­pressekonferenz vom 14.03.2022

14.03.2022 - Artikel

Invasion der Ukraine

FRAGE: Meine Frage betrifft die russischen Emigranten und geht an das Innenministerium. Wie sind zur Zeit die Modalitäten in Deutschland? Kann ein russischer Bürger um Asyl ersuchen? In welchem Fall wird ihm Asyl gewährt?

WEDE (BMI): Selbstverständlich können russische Staatsbürger in Deutschland einen Asylantrag stellen. Dieser wird dann individuell geprüft. Das ist im Falle Russlands nicht anders als im Falle eines jeden anderen Herkunftsstaates. Wenn jemand in seinem Heimatland individuell verfolgt wird, kann er in Deutschland einen Asylantrag geltend machen, und der wird dann auch geprüft.

ZUSATZFRAGE: Hat sich denn in den letzten zwei Wochen etwas geändert ‑ vielleicht seitens des Auswärtigen Amts ‑, was die Beurteilung der Lage in Russland angeht? Es gibt ja Staaten, die als Diktaturen gelten, und insoweit muss man auch nicht unbedingt genau nachweisen, dass man verfolgt wird.

BURGER (AA): Kriterien für die Entscheidung über Asylanträge festzustellen, ist nichts, was in der Zuständigkeit des Auswärtigen Amts läge, sondern das entscheiden die zuständigen Asylbehörden, Innenbehörden, da, wo es strittig ist, auch Gerichte. Die Rolle des Auswärtigen Amts ist es, für solche Fälle Berichte über die Tatsachen in bestimmten Ländern zu erstellen, sie auch regelmäßig zu aktualisieren. Das ist eines, aber nicht das einzige Entscheidungskriterium, das Behörden und Gerichte solchen Asylentscheidungen zugrunde legen können. Die Behörden entscheiden selbstverständlich auch aufgrund der öffentlich verfügbaren Informationen.

ZUSATZFRAGE: Darf ich noch eine kurze Nachfrage stellen?

VORS. FELDHOFF: Vielleicht sollte zunächst das BMI noch auf die Frage antworten, ob es in den letzten 14 Tagen Veränderungen in der Aufnahmepraxis ‑ zum Beispiel durch das BAMF, das mir hierbei einfallen würde ‑ gegeben hat.

WEDE: Es hat keine Veränderungen gegeben. Das ist ja sozusagen Tagesgeschäft des BAMF. Wenn jemand kommt und einen Verfolgungsgrund geltend macht, dann wird das individuell geprüft.

ZUSATZFRAGE: Gibt es denn Überlegungen, jetzt zumindest einen Abschiebestopp für abgelehnte Asylbewerber aus Russland einzuführen?

WEDE: Diese Frage müssten Sie an die Bundesländer richten; denn die Initiative und auch die Entscheidung, ob ein Abschiebestopp ergeht bzw. angestoßen wird, kommt von den Bundesländern. Sie wissen ja, dass Rückführungen in der Zuständigkeit der Bundesländer liegen. Das BMI unterstützt natürlich, aber die Frage, ob ein Abschiebestopp beabsichtigt ist, müssten Sie tatsächlich an die Bundesländer richten. Mir ist eine solche Überlegung nicht bekannt. Aber ‑ das ist kein Geheimnis ‑ mangels aktueller Flugverbindungen ist die Umsetzung von Rückführungen logistisch derzeit schwierig.

FRAGE: Eine Frage an Herrn Burger und an Herrn Dr. Wede. Ministerin Baerbock hat am Samstag angekündigt, 2 500 Flüchtlinge aus Moldau nach Deutschland zu bringen. Mich interessiert, wie hierzu der Stand der Dinge ist. Wie wird das logistisch umgesetzt?

Und an Herrn Dr. Wede die Frage: Wie ist zurzeit die Absprache zwischen Bund und Ländern bei der Aufnahme der Flüchtlinge? Gibt es irgendwelche Planungen bezüglich einer Innenministerkonferenz?

BURGER: Richtig, die Außenministerin war am Wochenende in Moldau und hat dort nicht nur mit der Regierung Gespräche geführt, sondern sich auch selbst ein Bild der Lage verschafft, die in Moldau wirklich dramatisch ist. Dorthin sind in den letzten zwei Wochen über 300 000 Menschen über die Grenze aus der Ukraine gekommen. Das entspricht mehr als 10 % der moldauischen Bevölkerung. Von diesen Menschen sind derzeit über 100 000 weiterhin in Moldau vor Ort und werden dort unter größten Anstrengungen der moldauischen Regierung und auch der Bevölkerung versorgt.

Das ist eine Situation, mit der dieses Land völlig überfordert ist. Es ist ohnehin eines der wirtschaftlich schwächsten Länder Europas. Deswegen hat die Außenministerin Hilfe in verschiedenen Bereichen angekündigt. Ein Bereich betrifft die Übernahme von ukrainischen Flüchtlingen aus Moldau, die wir direkt zu uns nach Deutschland bringen. Die Außenministerin hat auch gesagt, dass wir dabei sehr pragmatisch vorgehen und den Transport so organisieren werden, wie es am schnellsten möglich ist.

Eine Möglichkeit ist die mit Bussen. Bereits jetzt gibt es Unterstützung. IOM und UNHCR arbeiten am sogenannten grünen Korridor, über den Menschen aus Moldau über Rumänien weiterreisen könnten. Wir arbeiten aber auch sehr konkret an der Möglichkeit, dass Menschen auf dem Luftweg aus Moldau weiterreisen. Die Außenministerin hat es in ihrer Pressekonferenz gesagt: Wir sind in Gesprächen mit Partnern im G7-Kreis, und unter ihnen ist eine ganze Reihe von Ländern, in die man nur auf dem Luftweg wird reisen können. Schon aus diesem Grund ist es nötig, sich auch diese Option genau anzuschauen.

Das Auswärtige Amt und die zuständigen Ressorts sind jetzt bezüglich der Frage, wie das umgesetzt werden kann, im engen Kontakt. Es gab schon am Wochenende bzw. Ende letzter Woche die Zusage einer ganzen Reihe von Bundesländern, die von sich aus ihre Bereitschaft geäußert haben, sich an der Aufnahme zu beteiligen. Ich darf im Namen der Außenministerin noch einmal sagen, dass sie das sehr begrüßt und schätzt, weil in dieser Situation wirklich alle mithelfen müssen, um die enorme Aufgabe zu bewältigen.

WEDE: Zu der Frage der Verteilung der Flüchtlinge innerhalb Deutschlands will ich gar nicht viel sagen, weil sich die Ministerin am Freitag schon selbst dazu geäußert hat. Das ist auch noch der aktuelle Stand.

Täglich finden Abstimmungen mit den Ländern und übrigens auch mit den kommunalen Spitzenverbänden statt. Das BMI auf allen seinen Ebenen und auch die Ministerin selbst sind im engsten täglichen Austausch. Das Ziel ist ganz klar: Es geht um die Verteilung der Flüchtlinge nach dem Königsteiner Schlüssel, soweit sie nicht schon privat untergekommen sind. Ich will betonen, dass dies auch jetzt schon geschieht. Schon jetzt fahren Busse und Züge durch Deutschland, insbesondere um die aktuell sehr stark belasteten Großstädte zu entlasten.

An dem Ziel halten wir weiterhin fest, die Abstimmungen erfolgen täglich, und es geschieht in der Praxis auch jetzt schon.

ZUSATZFRAGE: Herr Dr. Wede, sind eventuell auch Hilfszahlungen für Leute, die Flüchtlinge privat aufnehmen, geplant?

WEDE: Diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten. Ich werde mich im BMI erkundigen, ob Zahlungen an Privatpersonen in unsere Zuständigkeit fallen, und melde mich dann noch einmal dazu.

FRAGE: Ich habe wie der Kollege zu Beginn eine Frage zum Asyl für Russen in Deutschland. Ist denn der Versuch, sich dem Wehrdienst in Russland zu entziehen, ein möglicher Grund, Russen in Deutschland Schutz zu gewähren?

Wir haben mit vielen Russen in Deutschland gesprochen, die sich jetzt in sehr schwieriger finanzieller Lage befinden. Dies sind vielfach Studenten. Gibt es vonseiten der Bundesregierung irgendwelche Bemühungen, diesen Unterstützung anzubieten?

WEDE: Zu individuellen Gründen kann ich Ihnen keine pauschale Antwort geben. Das wird geprüft. Ob generell auch die Verweigerung des Kriegsdienstes dazugehört, entscheidet das BAMF im Einzelfall.

KLEINEMAS (BMBF): Sie haben nach der Situation der Studierenden gefragt. Sie wissen vielleicht, dass es am Donnerstag und Freitag eine Sitzung der Kultusministerkonferenz gab, an der auch Ministerin Stark-Watzinger teilgenommen hat. Diese Sitzung ist mit einer Erklärung zu Ende gegangen, die überschrieben ist mit: „Der Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen“. Diese können Sie im Internet nachlesen. Darin sind konkrete Beschlüsse dazu niedergeschrieben worden, wie wir jetzt mit den Studierenden umgehen und welche Maßnahmen ergriffen werden. Ziel ist es, dass alle Studierenden ‑ das gilt aber auch für Forschende ‑ ihre Arbeit bzw. ihr Studium hier in Frieden fortsetzen können.

VORS. FELDHOFF: Online wurde folgende Frage an das BMI gestellt: Wie hoch ist aktuell die Zahl der in Deutschland registrierten Flüchtlinge aus der Ukraine? Können Sie uns den aktuellen Stand von heute mitteilen?

WEDE: Wir haben aktuell 146 998 ukrainische Flüchtlinge in Deutschland festgestellt, wie immer mit dem „Disclaimer“, dass wir keine lückenlosen Grenzkontrollen an den Grenzen zu Osteuropa haben. Die Zahl derer, die sich tatsächlich in Deutschland aufhalten, kann also auch höher sein, sie kann aber auch niedriger sein, da wir wissen, dass viele in Deutschland nur auf der Durchreise sind.

FRAGE: Herr Wede, aus jedem Bericht über die Situation zum Beispiel an den Bahnhöfen wird klar, dass es ohne die Ehrenamtlichen innerhalb von wenigen Stunden zum reinen Chaos kommen kann. Wie reagiert die Bundesregierung darauf? Im Grunde ist die Versorgung von Flüchtlingen doch eine staatliche Aufgabe. Der Eindruck ist, dass Sie dieser nicht hinreichend nachkommen.

Wie gehen Sie mit dem Problem um, dass unter den Helfenden die Überforderung wächst und in dieser Überforderungssituation die Hilfsbereitschaft schwindet?

WEDE: Ich werde Ihnen jetzt die unbefriedigende Antwort geben, dass die Versorgung der Flüchtlinge vor Ort in erster Linie Länderaufgabe ist. Aber ich will Ihnen dazu erstens auch sagen, dass die Bundesbehörden hierbei sehr stark unterstützen, und ich will Ihnen zweitens sagen: Mit dem Ansturm an ukrainischen Flüchtlingen, den wir in den letzten Tagen erlebt haben, hatte man so nicht rechnen können. Möglichkeiten, um innerhalb von wenigen Tagen 146 000 ukrainische Flüchtlinge sozusagen nur aus den Kapazitäten des Staates aufzufangen, sind natürlich nicht vorhanden.

Die Innenministerin ist dankbar für das extreme Engagement der vielen Ehrenamtlichen, die sich am Bahnhof betätigen, die Migranten und Flüchtlinge bei sich zu Hause aufnehmen. Diese Situation ist eine Ausnahmesituation, und sie betrifft uns alle. Sie betrifft den Staat, aber sie betrifft natürlich auch die Zivilgesellschaft. So gesehen, sind wir sehr dankbar für das Engagement. Aber selbstverständlich sind wir auch im Kontakt und im Gespräch mit den Ländern, um hier weiter zu unterstützen. Das erfolgt seitens des Bundes.

ZUSATZFRAGE: Sie sagen: „Ländersache“. BAMF und Bundespolizei sind aber nicht Ländersache. Welche verstärkten Anstrengungen zur Bewältigung der Anforderungen und Überforderungen unternehmen Sie im Hinblick auf diese, wenn man so will, Bundesinstrumente?

WEDE: Die Bundespolizei ist schon sehr aktiv und unterstützt sowohl in den Zügen als auch an den Bahnhöfen. Da es sich nicht um Asylantragsteller handelt ‑ diese Personen müssen in Deutschland keinen Asylantrag stellen ‑, ist das BAMF nicht in erster Linie aktiv.

FRAGE: Was passiert mit den Personen, die schon eine Unterkunft gefunden haben und sich jetzt erst über die verschiedenen Portale registrieren? Das dauert ja teilweise recht lange. Viele von ihnen haben Angst, dass sie nach dem Königsteiner Schlüssel woanders hingeschickt werden und in einer Flüchtlingsunterkunft landen, anstatt bei der Familie, die sie jetzt aufgenommen hat, bleiben zu können.

WEDE: Die Verteilung der Flüchtlinge nach dem Königsteiner Schlüssel betrifft ja nur die Ukrainer und Ukrainerinnen, die nicht schon privat untergekommen sind. Jemand, der schon eine private Unterkunft etwa bei Freunden oder bei der Familie hat, was ja sehr oft der Fall ist, wird nicht nach dem Königsteiner Schlüssel sozusagen aus dieser private organisierten Unterkunft heraus umverteilt.

FRAGE. Genau dazu: Viele bringen Flüchtlinge auch unmittelbar aus der Ukraine zu sich nach Hause und lassen sie dort wohnen. Was muss denn der Flüchtling oder die Familie, die ihn aufgenommen hat, tun, um Sozialhilfe, um eine Krankenversicherung, also dieses soziale Paket, zu bekommen?

WEDE: Die Flüchtlinge halten sich bis zu 90 Tagen erst einmal in Deutschland ganz legal auf. Das heißt, innerhalb dieses Zeitraums gibt es, was das Aufenthaltsrecht angeht, keinen Handlungszwang. ‑ Das ist das, was ich jetzt seitens des BMI sagen kann.

Selbstverständlich stellen sich auch viele andere Fragen: Schulbildung, Arztbesuche. Dazu müsste ich allerdings auf die Kollegen der anderen Ressorts verweisen.

ZUSATZFRAGE: Kann vielleicht ein Ressort aushelfen?

VORS. FELDHOFF: Vielleicht fangen wir mit dem Bildungsministerium an. In der KMK haben Sie sicherlich auch darüber geredet.

KLEINEMAS: Selbstverständlich.

VORS. FELDHOFF: Danach kann vielleicht das BMAS etwas zu der Frage der sozialen Absicherung sagen.

KLEINEMAS: Alles, was ich eben über die Studierenden sagte, ist selbstverständlich auch in der KMK-Sitzung besprochen worden. Auch die Schülerinnen und Schüler sind selbstverständlich wesentlicher Bestandteil der Überlegungen. Das umfasst zum Beispiel auch die Frage, ob wir ukrainische Lehrkräfte, die geflüchtet sind, hier einsetzen können. Auch hierbei ist es das Ziel, dass alle Schülerinnen und Schüler ihre Bildungsbiographie möglichst nahtlos fortsetzen können.

EWALD (BMG): Zum Thema Krankenbehandlung kann ich Ihnen sagen, dass Flüchtlinge aus der Ukraine Anspruch auf Krankenbehandlung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben. Dafür braucht es weder einen Titel noch einen Asylantrag. Die Landesregierungen ‑ so ist das Verfahren ‑ beauftragen die Krankenkassen, die Flüchtlinge zu behandeln. Für jeden angemeldeten Leistungsberechtigten wird eine elektronische Gesundheitskarte mit besonderer Statuszeichnung ausgegeben. Die Länder übernehmend dafür die Kosten.

Darüber hinaus besteht ein Anspruch auf Tests. Hierzu reicht das Dokument zur Identität. Auch gibt es einen Anspruch auf Impfung.

ZUSATZFRAGE: Die Frage lautete ja, wo der Flüchtling diese elektronische Gesundheitskarte bekommt. Was muss er dafür tun? Er muss ja irgendwo hingehen, sich registrieren, oder?

EWALD: Bestenfalls läuft das mit dem Anmeldeverfahren. Dann gibt es eben die Möglichkeit, dass sie mit der Erfassung ausgestellt wird. Vielleicht kann die Kollegin vom BMAS hierzu noch etwas ergänzen.

WEDE: Eine Ergänzung zu den Unterstützungen des Bundes. Gerade hier in Berlin unterstützt das BAMF sehr stark bei der Registrierung der Flüchtlinge. Das ist eben unter den Tisch gefallen.

FRAGE: Ich frage auch zum Thema Erstankunft. Herr Wede, würde Ihr Ministerium einräumen, dass ohne die Ehrenamtlichen die Erstaufnahme von Geflüchteten überhaupt nicht funktionierte?

Herr Büchner, wie sieht der Kanzler aktuell die Erstversorgung der ukrainischen Geflüchteten?

WEDE: Die Unterstützung der Ehrenamtlichen ist ein riesiger Beitrag, um die Lage aktuell halbwegs zu bestehen. Ich glaube, jeder, der in letzter Zeit einmal am Bahnhof einer größeren Stadt war, kann das bestätigen. Wie die Lage ohne diese Menschen wäre, ist eine hypothetische Diskussion, die ich jetzt hier nicht führen möchte.

ZUSATZFRAGE: Aber das müssten Sie ja wissen. Jeder, der vor Ort war und nur fünf Minuten mit den Leuten geredet hat, wird Ihnen sagen, das würde alles im Chaos enden.

WEDE: Das wäre jetzt aber trotzdem eine hypothetische Diskussion über die Frage: Was wäre, wenn? Ich bitte um Verständnis, dass ich dazu keine Aussage treffen kann.

BÜCHNER (BReg): Ich habe dem, was das BMI gerade schon ausgeführt hat, wenig hinzuzufügen, weise aber gern noch einmal darauf hin, dass es einen sehr engen, tagtäglichen Dialog zwischen dem Bund und den Ländern gibt. Im Übrigen wird das Thema sicherlich auch in der MPK am Donnerstag besprochen werden.

ZUSATZFRAGE: Lautet denn das Ziel, dass man sich bei der Erstankunft der Geflüchteten nicht deutschlandweit auf die Ehrenamtlichen verlassen muss? Denn wenn das so weitergeht und der Unmut wächst, wird es weniger Hilfe von privater Seite geben.

BÜCHNER: Ich muss sagen, ich finde Ihre Unterstellung, der Staat würde nicht funktionieren, wenn es keine Ehrenamtlichen gäbe, auf verschiedenen Ebenen schwierig.

ZUSATZ: Das ist die Lage, Herr Büchner.

BÜCHNER: Nein, das bestreite ich. Erstens haben wir ein gut organisiertes System, das jetzt auch mit hoher Geschwindigkeit hochgefahren wird. Das hat Herr Wede eben schon ausgeführt. Es ist selbstverständlich, dass es ein paar Tage dauert, wenn ein so großer Zustrom von Flüchtlingen in ein Land erfolgt. Zum Zweiten eher grundsätzlich: Ein Staat funktioniert, indem sich nicht nur staatliche Behörden, sondern auch die Zivilgesellschaft bei großen Themen engagiert. Das ist gut, das ist erfreulich. Es ist schön zu sehen, dass in unserem Land in einer solchen Situation eine so große Hilfsbereitschaft und ein so großes Engagement von so vielen Menschen besteht.

WEDE: Vielleicht darf ich noch ganz kurz etwas ergänzen. Was wir hier sehen, Herr Jung, ist, dass staatliche Leistungen und Leistungen und Engagement der Zivilgesellschaft gut ineinandergreifen. Selbstverständlich ist es das Ziel und der Anspruch des Staates, dass wir diese Menschen jetzt so schnell wie möglich in reguläre Strukturen überführen, seien es Schulen, seien es Krankenhäuser, seien es Unterkünfte. Das geschieht im Moment. Die staatlichen Stellen sowohl des Bundes als auch der Länder sind dazu überall im Einsatz. Insgesamt ist es für den Ansturm, den wir erleben, sehr gut organisiert.

[…]

Vollstreckung der Todesstrafe in Saudi Arabien

VORS. FELDHOFF: Ich habe hier zwei Fragen: Beide fragen nach der Exekution von 81 Menschen in Saudi-Arabien: Wie ist die Haltung der Bundesregierung dazu? Es wird explizit nach Sanktionen gegenüber Saudi-Arabien gefragt.

BURGER (AA): Wir haben die Berichte über eine große Anzahl von Hinrichtungen in Saudi-Arabien gesehen. Sie wissen, dass wir die Todesstrafe unter allen Umständen ablehnen. Sie ist eine grausame, unmenschliche und erniedrigende Bestrafung. Insofern sind solche Berichte natürlich in höchstem Maße schockierend. Seit einigen Jahren hat es eine solche Hinrichtungswelle in dieser Form in Saudi-Arabien nicht mehr gegeben. Sie ist zu verurteilen.

Insofern schließen wir uns der gemeinsamen Forderung der Europäischen Union, der der Hohe Vertreter gestern Ausdruck verliehen hat, ausdrücklich an. Wir setzen uns gemeinsam mit der EU und den EU-Mitgliedsstaaten für die Abschaffung der Todesstrafe ein, und zwar weltweit.

FRAGE: Hat man bei den saudischen Partnern gegen diese Hinrichtungen protestiert?

Herr Büchner: ist die saudische Diktatur ein Partner für Herrn Scholz, für den Kanzler?

BURGER: Wir sprechen über Menschenrechtsfragen und selbstverständlich auch über das Thema der Todesstrafe mit der saudischen Regierung auf allen verschiedenen Ebenen, wo immer sich dazu Gelegenheit bietet. Das tun wir auf den geeigneten diplomatischen Kanälen. Ich habe hier gerade öffentlich deutlich Stellung bezogen.

ZUSATZFRAGE: Aber haben Sie in Reaktion auf die Bekanntgabe von 81 Hinrichtungen in Saudi-Arabien in Saudi-Arabien protestiert?

BURGER: Ich habe das hier gerade öffentlich getan.

ZUSATZ: Das ist etwas anderes.

BURGER: Genau, das ist etwas anderes. ‑ Diplomatische Kontakte, wo immer sie stattfinden, finden in aller Regel vertraulich statt. Aber sie finden statt, und sie finden auf allen Ebenen statt.

BÜCHNER (BReg): Ich kann das, was Herr Burger gesagt hat, kaum ergänzen. Die Bundesrepublik Deutschland unterhält Beziehungen zu allen Staaten der Welt. Darunter gibt es sozusagen kompliziertere und weniger komplizierte Beziehungen. Ich werde mich jetzt aber nicht auf das Spiel einlassen, die Beziehungen zu einzelnen Staaten irgendwie zu qualifizieren.

FRAGE: Herr Burger, machen es solche Massenhinrichtungen schwieriger, mit Saudi-Arabien im derzeitigen Kontext beispielsweise auch über eine Erhöhung der Energielieferungen zu sprechen, oder trennt die Bundesregierung beides strikt, auf der einen Seite die Menschenrechte und auf der anderen Seite die Wirtschaft?

BURGER: Ich würde sagen, dass die Qualität der Einhaltung von Menschenrechten ganz grundsätzlich Einfluss auf die Qualität und Intensität von Beziehungen hat, die wir mit anderen Staaten eingehen. Das manifestiert sich in ganz verschiedenen Bereichen. Trotzdem gibt es mit verschiedenen Staaten auch immer wieder Bereiche, in denen sich Interessen überschneiden.

ZUSATZFRAGE: Ist das hier der Fall?

BURGER: Ich will dem, was ich gerade gesagt habe, jetzt nichts weiter hinzufügen.

FRAGE: Kann uns jemand Auskunft darüber geben, wie viel saudisches Öl wir jährlich importieren?

SÄVERIN (BMWK): Die Bedeutung Saudi-Arabiens als Ölimportland für Deutschland ist in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen. Zuletzt belief sich der Import auf 1,4 Millionen Tonnen Erdöl. Der Verbrauch Deutschland liegt bei 96,2 Millionen Tonnen Erdöl. Wir decken also einen Bruchteil unseres Ölbedarfs aus Saudi-Arabien.


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