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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­pressekonferenz vom 30.05.2022

30.05.2022 - Artikel

Erleichterte Visumsvergabe und Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung für russische Oppositionelle

FRAGE: Meine Frage geht wahrscheinlich an das Innenministerium oder an das Außenministerium, je nachdem, wer federführend ist. Es geht um die erleichterte Visavergabe bzw. Aufenthaltsgenehmigung für Putingegner aus Russland. So viel ich weiß, wurde die Entscheidung dafür jetzt getroffen. Mich interessiert das konkrete Prozedere. Welche Nachweise müssen diese Personen dafür vorbringen, dass sie politisch verfolgt oder gefährdet sind? Was sollen sie konkret tun?

LAWRENZ (BMI): Ich kann dazu erst einmal anfangen. Die Bundesregierung hat sich darauf verständigt, besonders gefährdeten Personengruppen aus Russland wie Journalistinnen und Journalisten, aber auch Menschenrechtsaktivistinnen und Menschenrechtsaktivisten, die aufgrund ihres Einsatzes für Menschenrechte und gegen den Krieg besonders gefährdet sind, eine Aufnahme auf Grundlage von § 22 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes zu gewähren. Von dieser Aufnahmemöglichkeit wird derzeit bereits mittels schneller und unbürokratischer Verfahren Gebrauch gemacht, sodass bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Visum erteilt und die Einreise sowie ein längerfristiger Aufenthalt in Deutschland ermöglicht werden kann.

Die Bundesregierung hat sich auf ein Profil für die Aufnahme von Personen verständigt, die in Russland besonders von politischer Verfolgung bedroht sind. Dies umfasst insbesondere Menschenrechtsverteidigerinnen und ‑verteidiger mit einem Bezug zu Deutschland, Personen, die für Organisationen oder Personen gearbeitet oder mit ihnen kooperiert haben, die in Russland als ausländische unerwünschte Organisationen oder als ausländische Agenten eingestuft werden, und die durch ihre bisherige Tätigkeit einen Bezug zu Deutschland haben, weiterhin Vertreterinnen und Vertreter der demokratischen Opposition, die sich öffentlich gegen den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine positioniert haben, Vertreterinnen und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen und der Zivilgesellschaft, bei denen ein Bezug zu Deutschland besteht und die sich ebenfalls in besonderer Weise gegen den Krieg engagiert haben, Journalistinnen und Journalisten von unabhängigen Medien, die Repressalien und Gefährdungen in Russland ausgesetzt sind, insbesondere aufgrund ihrer kritischen Berichterstattung ‑ diese sollen die Möglichkeit erhalten, aus Deutschland heraus weiter frei und unabhängig zu berichten ‑ und Journalistinnen und Journalisten, die sich öffentlich gegen den russischen Krieg gestellt haben oder aufgrund ihrer Berichterstattung in staatlich kontrollierten Medien entlassen worden sind und hier weiter berichten können sollen ‑ auch diese Gruppe wird davon umfasst. Weiterhin geht es um Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich öffentlich gegen den Krieg positioniert haben und ihre Wissenschaft nicht mehr frei und unabhängig ausüben dürfen.

Die Aufnahme kann auch eine Aufnahme der Kernfamilie umfassen. Sie kann auch über Drittstaaten organisiert werden. Das ist eine Entscheidung im jeweiligen Einzelfall.

Das Verfahren gestaltet sich so: Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und das Auswärtige Amt stimmen sich über Personen ab. Das BMI erteilt dann nach einer Überprüfung durch die Sicherheitsbehörden eine Aufnahmezusage für diese Personen. Nach Abschluss des Visumsverfahrens erteilt die deutsche Botschaft der jeweiligen Person ein nationales Visum für Deutschland. Das ist das Grundgerüst für das Verfahren, auf das sich die Bundesregierung jetzt verständigt hat. Weitere Details dazu befinden sich in Klärung.

ZUSATZFRAGE: Dankeschön. Mich würde trotzdem interessieren, wie ein Mensch konkret handeln soll, wenn er gefährdet ist. Welche Nachweise muss er dafür vorbringen, dass er gefährdet oder dass er gegen den Krieg ist? Reicht zum Beispiel ein Post in sozialen Netzwerken, oder muss das schon irgendwie anders sein?

Habe ich es richtig verstanden, dass zuerst das Auswärtige Amt mit der Kulturstaatsministerin die konkreten Personen abstimmt und dass diese Personen erst danach ein Visum beantragen können bzw. das BMI dann den Aufenthalt erlaubt?

LAWRENZ: Diese Personen müssen in jedem Fall ihre Verfolgung im Einzelfall glaubhaft machen. Es besteht durchaus eine gewisse Darlegungslast.

Das Verfahren habe ich Ihnen gerade skizziert. BKM und AA stimmen sich dazu ab und benennen die Person. Das BMI macht dann die Sicherheitsüberprüfung und erteilt die Aufnahmezusage.

FRAGE: Was ist mit der Formulierung „längerfristiger Aufenthalt“ gemeint? Können Sie das in Monaten oder Jahren konkretisieren?

Wie viele Personen aus diesem Kreis sind Ihrer Schätzung nach seit Beginn des Krieges in Deutschland eingetroffen und haben einen Aufenthalt beantragt?

LAWRENZ: Ich glaube, die Anzahl von Personen, die das betrifft, ist nicht seriös zu prognostizieren.

ZUSATZFRAGE: Wie lange Zeit wird der „längerfristige Aufenthalt“ umfassen?

LAWRENZ: Soweit ich weiß, sind Visa immer zeitlich begrenzt. Vielleicht kann die Kollegin dazu noch etwas ergänzen.

SASSE (AA): Ich habe an dieser Stelle nichts zu ergänzen.

FRAGE: Herr Lawrenz, Sie haben mehrmals die Voraussetzung eines Bezugs zu Deutschland betont. Was bedeutet das?

LAWRENZ: Ich bitte Sie um Verständnis. Das ist die Entscheidung, die zwischen den drei beteiligten Ressorts getroffen worden ist. Es waren intensive Beratungen. Das ist das politische Grundgerüst, das dahintersteht. Die operativen Details, wie das im Einzelfall vonstattengeht, befinden sich noch in Abstimmung.

ZUSATZFRAGE: Aber das meint nicht zum Beispiel die Kenntnis der deutschen Sprache oder irgendwelche Verbindungen nach Deutschland, oder?

LAWRENZ: Das kann ich Ihnen jetzt gerade nicht sagen.

Export von U-Booten an die Türkei

FRAGE: Ich habe eine Frage an das Außenministerium. Es geht um den Export hochmoderner U-Boote in die Türkei. Diese Waffensysteme können naturgemäß nicht an der Front der Türkei in Syrien oder Irak eingesetzt werden, sondern eigentlich nur gegen Griechenland. Vergangene Woche wurde ein U-Boot von der Türkei in Dienst genommen, und es gibt eine Vereinbarung über weitere fünf.

Wann werden die übrigen fünf geliefert werden? Gibt es eine bestimmte Planung darüber?

SASSE (AA): Ich denke, diese Frage müsste ich an das BMWK weitergeben, weil es für Rüstungsexporte zuständig ist.

EINHORN (BMWK): Oh, jetzt habe ich gerade nicht richtig aufgepasst, sorry!

FELDHOFF (Vorsitz): U-Bootlieferung an die Türkei ist das Stichwort.

EINHORN (BMWK): Und da wollte man den Stand wissen?

FELDHOFF: Genau.

EINHORN: Den kann ich hier nicht geben, weil wir über einzelne Projekte keine Auskunft geben. Das alles wird im Ressortkreis beschlossen, wenn es dort Genehmigungen gibt, und wir informieren dann immer in den Rüstungsexportberichten darüber, aber nicht heruntergebrochen auf die einzelnen Genehmigungen und die einzelnen Projekte.

ZUSATZFRAGE: Gibt es keine bestimmte Planung, wann diese U-Boote geliefert werden?

EINHORN: Die Genehmigung eines Exports ist das eine. Die Lieferung selbst ist unabhängig davon. Sie kann auch Monate später erfolgen, weil sich solche Rüstungsprojekte bzw. die Herstellung hinziehen können. Insofern ist der konkrete Export getrennt von der Genehmigung. Das wiederum ist eine Sache, die der Zoll mitkriegt, wenn sie stattfindet.

Irakisches Gesetz hinsichtlich des Verbots von Kontakten zu Israel und Israelis

FRAGE: Frau Sasse, es geht um Irak und Israel. Das irakische Parlament hat vor ein paar Tagen ein Gesetz erlassen, das Kontakte zu Israelis unter Strafe stellt. Jegliche Verbindungen zu dem Land und seinen Menschen sind demnach verboten und können mit lebenslanger Haft oder gar dem Tod bestraft werden. Das gilt nicht nur für Iraker, sondern auch für Ausländer im Irak. Wie bewerte die Bundesregierung das?

SASSE (AA): Herr Jung, ich höre das zum ersten Mal. Ich müsste recherchieren und mich bei Ihnen zurückmelden.

FELDHOFF (Vorsitz): Frau Sasse hat noch eine Nachreichung.

SASSE: Ich habe noch eine Nachreichung auf die Frage von Herrn Jung zum neuen Gesetz in Irak. Ich kann zum einen darauf verweisen, dass sich der Beauftragte des Auswärtigen Amtes für den Nahen und Mittleren Osten am Freitag schon über Twitter dazu geäußert bzw. positioniert ist.

Es ist natürlich so, dass das jetzt neu beschlossene Gesetz die Gesetze, die bereits in Irak gelten, verstärkt und auch in völlig akzeptabler Art und Weise die Meinungsfreiheit einschränkt. Wir halten das für das völlig falsche Signal. Statt Beziehungen zu Israel zu kriminalisieren, wäre es aus unserer Sicht an der Zeit, sich darauf zu konzentrieren, wie man die regionalen Beziehungen natürlich auch zu Israel stärkt - mit engeren Wirtschaftsbeziehungen, mit mehr Austausch der Zivilgesellschaft. Das passiert ja schon seit einigen Jahren mit einer ganzen Reihe von Ländern in der Region und ist ein Weg, den wir auch anderen Ländern der Region nahelegen.

Zahl der Einreisen von ehemaligen afghanischen Ortskräften nach Deutschland

FELDHOFF (Vorsitz): Dann habe ich eine Frage von Herrn Lücking an, glaube ich, auch das BMI zum Stichwort der Ortskräfte in Afghanistan. Er bittet um die aktuellen Zahlen bezüglich der erteilten Visa und der erfolgten Einreisen sowie eventuell um Neuigkeiten bezüglich der Verbesserung der Evakuierungslage.

LAWRENZ (BMI): Ich kann sicherlich mit der Anzahl der eingereisten Personen anfangen. Die Zahl der Visaerteilungen kann sicherlich ergänzt werden. Die Gesamtzahl der eingereisten Personen seit dem 16. August 2021 beträgt mit Stand vom 27. Mai 21 736 Personen. Darunter befinden sich 20 741 afghanische Staatsangehörige, 655 deutsche Staatsangehörige und an eingereisten Ortskräften plus Familienangehörigen insgesamt 14 551. Es gibt 1204 eingereiste Personen von der Liste der besonders gefährdeten Afghaninnen und Afghanen. Inklusive der Familienangehörigen sind das 4366.

SASSE (AA): Zur Zahl der Visa kann ich sagen, dass im Rahmen der sicheren Ausreise, die wir unseren ehemaligen Ortskräften und den schutzbedürftigen Afghaninnen und Afghanen mit einer Aufnahmeerklärung ermöglichen, mittlerweile rund 18 600 Visa ausgestellt wurden.

FELDHOFF: Dann gab es noch die Frage nach Neuigkeiten zur Verbesserung der Evakuierungslage.

SASSE: Dazu kann ich nur wiederholen, dass wir weiterhin sehr an dem Thema arbeiten. Das habe ich an dieser Stelle schon in der Vergangenheit häufig deutlich gemacht. Auch weiterhin finden pro Woche mehrere Hundert Ausreisen aus Afghanistan statt. Die meisten erfolgen dabei über den Land- und Luftweg nach Pakistan, eine gewisse Anzahl auch über Iran. Wir organisieren weiterhin regelmäßig Charterflüge für die Weiterflüge von Islamabad nach Deutschland.

FRAGE: In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage hat das Auswärtige Amt geantwortet, um das Verfahren beim Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten zu beschleunigen, sollten Stellen aufgestockt werden. Dazu wäre meine Frage, um wie viele Stellen es sich dabei handelt.

Es hat mich ein bisschen gewundert. War das Bundesamt nicht gegründet wurden, um die Visaverfahren zu beschleunigen?

SASSE: Das BfAA, also das neue Bundesamt, erfüllt ja verschiedenste Aufgaben. Was genau mit Blick auf die Ausreisen aus Afghanistan unternommen wird, müsste ich Ihnen nachreichen.

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