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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 04.11.2022

04.11.2022 - Artikel

Antrittsbesuch des Bundeskanzlers in der Volksrepublik China

FRAGE: Eine Frage zur China-Reise des Bundeskanzlers an das Außenministerium. Die Außenministerin hat im Vorfeld der Reise Erwartungen an die deutsche China-Politik formuliert. Sehen Sie die Erwartungen an die Reise des Bundeskanzlers aus Sicht des Außenministeriums erfüllt? Wie bewerten Sie die Reise und das, was dort bisher geäußert worden ist?

BURGER (AA): Ich werde, wie das hier üblich ist, die Reise des Bundeskanzlers überhaupt nicht kommentieren. Das ist nicht meine Aufgabe, sondern das ist die Aufgabe des stellvertretenden Regierungssprechers, wenn es dazu von dieser Bank etwas zu sagen gibt.

Ich würde nur gerne noch einmal zur Einordnung dessen, wie Sie die Ausführungen der Außenministerin charakterisiert haben, eine Korrektur vornehmen: Die Außenministerin hat die gemeinsame Position der Bundesregierung erklärt. Sie hat nicht Erwartungen an den Bundeskanzler formuliert.

Ausreiseaufforderung des Auswärtigen Amtes für deutsche Staatsangehörige im Iran

FRAGE: Herr Burger, es gibt die Empfehlung an deutsche Staatsbürger im Iran, das Land zu verlassen. Können Sie uns einen Überblick geben, wie die Reaktion darauf ist? Vielleicht wurde die Zahl schon genannt. Um wie viele Menschen handelt es sich ungefähr? Gibt es von Betroffenen Nachfragen bei Ihnen? Gibt es besondere Hilfestellungen, oder wurde der Appell, die Empfehlung gegeben und damit ist es gut?

BURGER (AA): Ich kann Ihnen keine belastbare Zahl nennen, wie viele deutsche Staatsangehörige sich im Iran aufhalten, und zwar aus dem einfachen Grund, dass es für Deutsche im Ausland keine Meldepflicht gibt. Das heißt, wir haben die Zahl derjenigen, die sich auf freiwilliger Basis bei uns für die Krisenvorsorgeliste angemeldet haben ‑ das ist eine niedrige dreistellige Zahl ‑, gehen aber davon aus, dass die tatsächliche Zahl sehr viel höher liegt. Das ist einfach ein Erfahrungswert.

Gestern hat sich die Botschaft in Form eines sogenannten Landsleutebriefs per Email an bei uns registrierte deutsche Staatsangehörige gewandt und ihnen noch einmal persönlich diese Ausreiseaufforderung mitgeteilt und darauf hingewiesen, dass die Ausreise jetzt umgehend mit den verfügbaren kommerziellen Möglichkeiten erfolgen sollte. Sie hat auch Hinweise gegeben, welche Reiserouten sinnvoll bzw. aus unserer Sicht die sinnvollsten und die risikoärmsten sind. Es gibt jetzt natürlich eine ganze Reihe von Rückfragen von deutschen Staatsangehörigen, die sich an die deutschen Auslandsvertretungen wenden. Wir versuchen, ihnen so gut es geht Rat zu geben. Ich glaube, man kann das jetzt nicht in einer „one-size-fits-all“-Empfehlung für alle formulieren, weil sich natürlich auch die persönlichen Umstände der Leute, um die es hier geht, sehr, sehr stark unterscheiden - ob es Menschen sind, die seit langer Zeit vor Ort leben, ob es Menschen sind, die sich dort nur zu Besuch aufhalten etc.

ZUSATZFRAGE: Können Sie uns etwa zu den hier auch schon in den vergangenen Wochen thematisierten Bemühungen, deutschen Staatsangehörigen, die Doppelstaatler sind, also die deutsche und die iranische Staatsangehörigkeit haben, und im Iran inhaftiert sind, konsularisch zu betreuen? Das war bzw. ist ja deswegen schwierig, weil der Iran eben nur die iranische Staatsbürgerschaft und nicht die deutsche akzeptiert. Gibt es dort irgendwelche Fortschritte, sind neue Fälle hinzukommen, konnten Fälle gelöst werden?

BURGER: Frau Sasse hatte dazu hier ja schon am Montag gesprochen, und sie hatte von einer mittleren einstelligen Zahl von Deutschen und deutsch-iranischen Doppelstaatlern gesprochen, die in Iran inhaftiert sind. Ich kann das jetzt auch nicht weiter konkretisieren.

Ich kann vielleicht höchstens erklären, warum die Angaben, die wir dazu machen, in gewissem Maße vage bleiben müssen. Das liegt einerseits daran, dass es einfach eine gewisse Fluktuation gibt, beispielsweise dadurch, dass Menschen auf Kaution freigelassen werden, wir das aber nicht notwendigerweise direkt erfahren, weil, wie Frau Sasse ja erklärt hat, Doppelstaatler von iranischer Seite so behandelt werden, als seien sie ausschließlich iranische Staatsangehörige. Das heißt, es gibt keine offiziellen Benachrichtigungen darüber; wir erfahren das dann erst nachträglich, wenn die Betroffenen sich bei uns melden. Zum anderen gibt es auch Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit, die von sich aus nicht wünschen, dass wir die Tatsache, dass sie die deutsche Staatsangehörigkeit haben, offenlegen, weil sie nicht davon ausgehen, dass das zu ihrem Vorteil ist. Auch deshalb kann ich hier keine ganz präzisen Angaben über diese Zahlen machen.

Die konsularische Betreuung im eigentlichen Sinn, das heißt, den konsularischen Zugang, so wie er nach dem Wiener Übereinkommen über die konsularischen Beziehungen deutschen Staatsangehörigen zusteht, ermöglicht uns die iranische Seite nur für ausschließlich deutsche Staatsangehörige.

FRAGE: Auch zu den Inhaftierten ‑ wir hatten hier schon vor ein oder zwei Wochen darüber gesprochen ‑: Haben Sie inzwischen Kenntnisse oder mehr Kenntnisse darüber, inwiefern Inhaftierungen auch direkt im Zusammenhang mit Protesten stehen?

BURGER: Ich kann das aus den Gründen, die ich gerade genannt habe, hier nicht für die Einzelfälle weiter ausführen. Aber in der Ausreiseaufforderung, die wir gestern herausgegeben haben und die als neuer Bestandteil in unsere Reisewarnung für Iran aufgenommen wurde, formulieren wir sehr deutlich, dass es für deutsche Staatsangehörige die konkrete Gefahr gibt, willkürlich festgenommen, verhört und zu langen Haftstrafen verurteilt zu werden. Vor allem Doppelstaatler, die neben der deutschen auch die iranische Staatsangehörigkeit besitzen, sind gefährdet. „In jüngster Vergangenheit kam es zu einer Vielzahl willkürlicher Verhaftungen ausländischer Staatsangehöriger.“ ‑ so haben wir das in der Reisewarnung gestern formuliert.

FRAGE: Wenn ich Sie noch einmal generell zur Situation im Iran fragen darf: Die ist ja insofern besonders prekär, als die iranischen Autoritäten verfügt haben, es müsse nun Schluss sein mit Demonstrationen und Protesten, und harte Maßnahmen für den Fall angekündigt haben, dass die Aktionen dennoch weitergehen. Sie gehen, soweit wir wissen, weiter; vor allem Frauen halten sich nicht an dieses faktische Demonstrationsverbot. Können Sie einschätzen, wie die Reaktionen der iranischen Behörden gegen die andauernden Proteste sind? Wird dort eher zurückhaltend reagiert oder wird sozusagen mit voller Härte versucht, dieses Verbot und die Unterdrückung durchzusetzen? Wie ist da die Einschätzung des Auswärtigen Amtes?

BURGER: Dazu kann ich Sie eigentlich nur auf die Äußerungen der Ministerin gestern beim G7-Außenministerinnen- und -ministertreffen verweisen, wo sie sagte:

„Wir erleben seit Wochen, mit welcher brutalen Gewalt das iranische Regime gegenüber seinen eigenen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern vorgeht, wie es auf seine Jugend, auf seine Gesellschaft einprügelt, Menschen dabei zu Tode kommen. Und da ich als Außenministerin auf der einen Seite mit allem, was wir tun können, im Rahmen des internationalen Rechts an der Seite der Menschen im Iran stehe, auf der anderen Seite auch eine Schutzverantwortung für diejenigen im Iran habe, die eine deutsche Staatsangehörigkeit haben, [reagieren wir mit dem jetzigen Schritt auf die verschärfte Sicherheitslage im Iran und stimmen auch solche Maßnahmen eng mit unseren internationalen Partnern ab.“

Wir sehen keine Zeichen, dass die Repression der iranischen Sicherheitskräfte abnimmt ‑ ganz im Gegenteil. Ich glaube, hier ist aber nicht die richtige Stelle, um das nun sozusagen im Detail auszubuchstabieren. Angesichts der Tatsache, dass die iranischen Behörden auch keine freie Berichterstattung zulassen, wäre das auch mit einiger Schwierigkeit verbunden.

G7-Treffen in Münster

FRAGE: Weil Sie gerade das G7-Treffen in Münster erwähnt haben, möchte ich dazu noch einmal ganz kurz nachfragen: Das hat ja unter anderem im Friedenssaal stattgefunden. Nun meldet die Stadt Münster, dass es dort ein Ratskreuz gegeben habe, das man auf Wunsch des Außenministeriums entfernt habe. Einfach einmal ganz offen gefragt: Stimmt das? Wenn ja, warum ist das so?

BURGER (AA): Wenn Sie sich die Bilder aus dem Friedenssaal in Münster ansehen, werden Sie feststellen, dass dort eine Reihe von Veränderungen beispielsweise des Mobiliars stattgefunden hat. Das ist üblich bei solchen Treffen. Da muss natürlich ein anderer Tisch rein, da muss eine andere Beleuchtung rein, da wurden andere Teppiche reingelegt ‑ einfach im Rahmen der Vorbereitung für dieses Treffen, das dort ja in einem sehr speziellen Format stattfindet. In diesem Zusammenhang ist tatsächlich auch dieses Kreuz dort entfernt worden. Das ist auf Absprache zwischen unserem Protokoll und der Stadt Münster im Rahmen dieser Umgestaltungen geschehen. Ich kann dazu sagen, dass die Ministerin mit dieser Frage nicht befasst war.

ZUSATZFRAGE: Das hatte, platt gesagt, aber nur logistische Gründe? War das im Weg, oder hatte das auch den Grund, dass vielleicht einige der Gäste mit einem Kreuz nicht so viel anfangen können?

BURGER: Ich kann Ihnen das im Einzelfall nicht sagen. Wie gesagt, das war Teil einer größeren Umgestaltung dieses Saals, die von unserem Protokoll mit der Stadt Münster besprochen wurde. Ich kann Ihnen sagen, dass es dazu keine Entscheidung auf politischer Ebene gegeben hat.

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