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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 13.02.2023

13.02.2023 - Artikel

Erdbeben in der Türkei und in Syrien

FRAGE: Eine Frage an das AA und eventuell auch an das BMI: Können Sie schon sagen, welche Möglichkeiten es für Betroffene geben wird, die entweder keine gültigen Reisepässe haben oder deren Pässe unter tonnenweise Schutt begraben sind?

WAGNER (AA): Sie haben ja sicherlich unsere Ankündigung vom Wochenende gesehen. Vielleicht noch einmal zur grundsätzlichen Einordnung der Problematik:

Wir schauen jetzt innerhalb des bestehenden rechtlichen Rahmens, wie wir sehr schnell und pragmatisch in der Causa Visa umgehen können. Wir haben jetzt gemeinsam mit dem BMI geschaut, wie türkische Erdbebenopfer, die Angehörige hier in Deutschland haben und bei diesen unterkommen möchten, schnell und pragmatisch herkommen können. Dazu hat am Wochenende auch eine Taskforce des Auswärtigen Amtes und des Bundesinnenministeriums die Arbeit aufgenommen. Sie finden die Details, für welche Personengruppen das in Frage kommt und welche Rahmenbedingungen da gelten, auch bei uns auf der Homepage. Auf die FAQs möchte ich deutlich verweisen.

In der Tat sind die fehlenden Pässe ein Problem. Wer gerade alles verloren hat, hat im Zweifel natürlich auch keinen Pass. Wir können jetzt auch nicht einfach die Passhoheit der türkischen Behörden untergraben und ohne Weiteres Reiseausweise für Ausländer ausstellen. Deshalb müssen wir uns genau anschauen, unter welchen Umständen das in Einzelfällen vielleicht möglich sein sollte und wie wir damit umgehen. Genau dazu ist ja diese Taskforce geschaffen worden. Insofern sind wir an dem Thema dran. ‑ So weit von mir.

FRAGE: Für syrische Staatsbürger, die betroffen sind, steht in diesen FAQs, wenn ich das richtig erinnere, dass sie sich ganz regulär an eine der deutschen Auslandsvertretungen in den Nachbarländern wenden müssen. Das war schon vor dem Erdbeben oft nur schwer möglich. Gibt es irgendwelche Pläne, da noch für Erleichterung zu sorgen?

WAGNER: Sie wissen ja, dass sich die Lage in Syrien ein bisschen anders dadurch darstellt, dass wir mit keiner Auslandsvertretung oder Botschaft vor Ort vertreten sind und das syrische Regime für uns ja auch kein Ansprechpartner in der Sache ist. Insofern gilt für die Staatsangehörigen dort in der Tat, dass sie sich an Botschaften in der Region wenden können, um ihre Visaanträge dort zu stellen.

FRAGE: Eine kurze Nachfrage, vielleicht an Herrn Kall. Haben Sie einen Überblick, von wie vielen Personen wir eigentlich reden? Wie viele Anfragen haben Sie also bekommen, ob es eine beschleunigte Bearbeitung geben kann, damit Angehörige hier nach Deutschland kommen? Ich weiß nicht, ob das Auswärtige Amt das sagen kann oder ob Sie das wissen.

KALL (BMI): Ich kann Ihnen da angesichts der Dimension dieser Katastrophe und der Zahl der vermutlich noch Verschütteten keine Antwort auf die Frage geben, wie viele der Menschen, die dort in der Region Opfer dieses Erdbebens geworden sind, Verwandte in Deutschland haben.

Das ist ja der wesentliche Anknüpfungspunkt, dass Familien mit türkischen oder syrischen Wurzeln, die in Deutschland sind, Verwandte zu sich holen können, vor allem, damit sie in Deutschland medizinisch behandelt werden können. Eine Größenordnung können wir noch nicht nennen.

WAGNER: Das kann ich für das Auswärtige Amt zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht nennen.

ZUSATZFRAGE: Ich will nur eine Größenordnung. Geht es da um Hunderte, Tausende, Zehntausende?

WAGNER: Darüber kann ich wirklich nicht spekulieren. Ich glaube, für uns ist jetzt wichtig, pragmatisch zu sehen, was wir in bestehenden Verfahren ändern, priorisieren und umschichten können, um uns darauf einzustellen, diesen Menschen zu helfen. Ich habe jetzt auch keine genaue Zahl für Sie.

FRAGE: Eine Frage an Herrn Wagner: Was sind die Bestimmungen für ein schnelles Visum?

Darüber hinaus an Herrn Kall: Was versteht die Ministerin unter einem zügigen Visum?

WAGNER: Vielleicht kann ich einmal grundsätzlich sagen: Das vereinfachte Verfahren richtet sich jetzt an Personen, die individuell besonders vom Erdbeben betroffen sind, die Angehörige ersten oder zweiten Grades in Deutschland haben, deutsche Staatsangehörige sind oder einen dauerhaften Aufenthaltstitel hier in Deutschland haben und deren Familienmitglied hier in Deutschland eine Verpflichtungserklärung abgibt. Unter den gegebenen Bedingungen ist natürlich ‑ das gibt uns der Rechtsrahmen einfach vor ‑ eine Rückkehrbereitschaft anzunehmen.

Das sind die Verfahrensbedingungen dieses vereinfachten Verfahrens.

KALL: Verpflichtungserklärung bedeutet, dass die Familien hier in Deutschland die Erklärung abgeben, dass sie für die Angehörigen, die sie bei sich aufnehmen, sorgen werden.

FRAGE: Herr Wagner, lassen Sie mich noch einmal auf die Erdbebenopfer aus Syrien zurückkommen. Sie haben ja gesagt, Sie hätten keinen diplomatischen Kontakt zu Damaskus. Stehen Sie an der Erarbeitung einer Lösung für syrische Erdbebenopfer in den Gebieten, die nicht von Damaskus kontrolliert sind?

WAGNER: Ich habe die Schwierigkeiten, die mit dieser Frage verbunden sind, ja schon aufgeblättert. Ich würde noch einmal für Syrien sagen, dass wir jetzt mit Hochdruck daran arbeiten. Man kann ja auch den Berichten Ihrer Kolleginnen und Kollegen entnehmen, wie schwierig die Lage in Nordsyrien ist. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass Hilfe dort ankommt. Wir haben ja sofort nach dem Erdbeben die Mittel für die humanitäre Hilfe in Syrien um 26 Millionen aufgestockt; davon sind 11 Millionen für diese besonders betroffenen Regionen im Nordwesten des Landes.

Darüber hinaus bereiten wir aktuell den deutschen Anteil eines EU-Transports von Hilfsgütern in die Region vor. Deutschland wird sich dort mit 71 Tonnen Material beteiligen, darunter Zelte, Heizgeräte, Betten und Generatoren, die vor Ort über das World Food Programme abgewickelt werden; denn das ist eben eine internationale Organisation, die in Syrien tätig ist und dort diese Hilfe umsetzen kann. Zudem ist Deutschland auch schon finanziell an den Hilfslieferungen der Vereinten Nationen beteiligt, die seit Donnerstag Gott sei Dank wieder über den Grenzübergang Bab al-Hawa gehen können und dort von der Internationalen Organisation für Migration organisiert werden.

ZUSATZFRAGE: Das war jetzt die Hilfe. Meine Frage zielte eher auf eine vorübergehende Aufnahme von Erdbebenopfern in Deutschland.

WAGNER: Über das hinaus, was ich sozusagen zu den konkreten praktischen Schwierigkeiten gesagt habe ‑ nämlich dass wir da keine Botschaft vor Ort haben und dass es sehr schwierig ist, das dort analog zu dem Verfahren zu organisieren, wie wir es für die Türkei dieses Wochenende auf den Weg gebracht haben ‑, habe ich nichts weiter zu ergänzen.

FRAGE: Herr Wagner, Sie sprachen gerade davon, dass die persönliche Betroffenheit von dem Erdbeben nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden muss. Wie kann das geschehen und wie kann die Rückkehrbereitschaft gerade überprüft werden?

WAGNER: Betroffene brauchen ja ‑ das ist einfach die Rechtslage ‑ weiterhin ein Visum. Man muss jetzt eben schauen ‑ und das tun wir ja ‑, wie wir das Visumsverfahren so pragmatisch und unbürokratisch wie möglich gestalten können. Zusammen mit unserem externen Dienstleister, der für uns in der Türkei die Visumsanträge annimmt ‑ was ja auch schon eine Verfahrenserleichterung ist ‑, sind wir dabei, das zu bewerkstelligen. Bei der Beantragung ist jetzt nur ein Minimum von Unterlagen beizubringen, was schon eine Erleichterung des Verfahrens darstellt. Betroffene müssen auch nicht ihre berufliche, finanzielle oder sonstige Verwurzelung in der Türkei nachweisen, und wir werden die Anträge für diesen speziellen Personenkreis an unseren Auslandsvertretungen ganz besonders, ganz prioritär bearbeiten.

FRAGE: Es war eben ja schon einmal die Rede von der Problematik fehlender Pässe. Gibt es irgendwelche Sorgen oder Bedenken, dass solche möglichen Ausnahmeregelungen vielleicht auch missbraucht werden könnten? Was könnten Sie dagegen tun?

WAGNER: Bei allem, was wir tun, haben wir natürlich alle Aspekte immer im Blick. Wie gesagt, bei dieser Problematik der fehlenden Pässe ist es jetzt vor allen Dingen zuerst einmal eine Frage, die wir im Kontakt mit den türkischen Behörden aufnehmen müssen. Auf diesem Weg sind wir an der Problematik dran.

KALL: Ich kann vielleicht ergänzen, dass es uns ja darum geht, ein unbürokratisches, aber weiterhin geordnetes Verfahren zu haben. Deshalb geschieht das über das übliche Visaverfahren, nur eben mit praktischen Erleichterungen und schnellerer Bearbeitung, und das begrenzt auf drei Monate.

FRAGE: Herr Wagner, Sie haben gerade die Angehörigen angesprochen. Betrifft das auch die Enkelkinder, sind die eingeschlossen unter „Angehörigen“?

WAGNER: Es geht um Verwandte ersten und zweiten Grades. Insofern schließt das auch die Enkel ein.

FRAGE: Herr Wagner, das Problem in der Südosttürkei betrifft ja nicht zuletzt auch Migranten aus Syrien in der Türkei, die vor den Kriegshandlungen in Syrien geflüchtet sind. Bei denen ist die ganze Frage des Passwesens natürlich quasi unauflöslich, wenn ich das richtig verstehe. Wie soll mit dieser Personengruppe umgegangen werden?

Zweite Frage: Haben Sie Zahlen dazu, wie viele Deutsche respektive deutsche Staatsangehörige im Erdbebengebiet betroffen sind bzw. waren?

WAGNER: Zum Ihrer zweiten Frage kann ich sagen: Wir haben aktuell Kenntnis von einer einstelligen Zahl vermisster Deutscher. Einige Deutsche, die vermisst waren, sind zwischenzeitlich wieder aufgefunden worden. Wir müssen aber davon ausgehen, dass unter den zahlreichen Todesopfern auch einige deutsche Staatsangehörige sind. Wir haben dazu aber noch keine bestätigten Informationen, was angesichts der sehr schwierigen Lage vor Ort auch nicht überraschend ist. In Syrien ist das natürlich aufgrund der Dinge, die ich hier schon dargelegt habe, noch einmal schwieriger, ein klares konsularisches Bild zu bekommen.

Zu Ihrer ersten Frage: Die bestehenden Verfahren gelten da natürlich weiter. Unsere Priorität ist jetzt zum einen, dass wir dieses Verfahren auf den Weg gegeben haben, und zum anderen, dass Hilfe in die Region kommt und den Menschen in den betroffenen Teilen der Türkei jetzt schnell und rasch geholfen wird. Da koordinieren wir uns sehr eng international und auch mit den türkischen Behörden. Es ist natürlich so, dass auch Menschen in anderen Teilen der Türkei noch Hilfe bekommen können.

ZUSATZFRAGE: Können Menschen aus Syrien, die vor den Zuständen in Syrien in die Türkei geflohen sind und dort einen türkischen Aufenthaltstitel haben, diese Regelungen in Anspruch nehmen oder nicht?

WAGNER: Zu dieser sehr spezifischen Frage müsste ich Ihnen die Antwort nachreichen.

Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine

[…]

FRAGE: Herr Hebestreit und Herr Wagner, wir haben hier gerade eben von Herrn Heusgen, dem Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, gehört, dass die russische Regierung ausdrücklich nicht nach München eingeladen wird.

Geschah dies in Abstimmung mit der Bundesregierung?

Begrüßen Sie diese Entscheidung, oder hatten Sie darauf gesetzt, dass es am Rande dieser Konferenz möglicherweise Gespräche zum Beispiel zwischen Herrn Lawrow und Frau Baerbock geben würde?

HEBESTREIT (BReg): Ich habe keinerlei Kenntnisse darüber, ob wir involviert sind. Ich weiß, dass die Münchner Sicherheitskonferenz eine unabhängige Veranstaltung ist, die zwar in Teilen auch durch die Bundesregierung mitfinanziert wird, aber unabhängig agiert. Insoweit habe ich dazu keine eigenen Erkenntnisse.

Was das Thema von Gesprächen angeht, bleibe ich aber dabei: Es mangelt nicht an der Gesprächs- oder Vermittlungsbereitschaft seitens der Beteiligten, sondern die grundsätzlichen Voraussetzungen für sinnvolle Gespräche mit der russischen Seite sind im Augenblick nicht gegeben. Aber Russland hat jeden Tag die Möglichkeit, diese Voraussetzungen zu schaffen.

WAGNER (AA): Dem habe ich für das Auswärtige Amt nichts hinzuzufügen.

Nahostkonflikt

FRAGE: Herr Wagner, die israelische Regierung hat gestern neun illegale Siedlungsposten legalisiert. Dazu hätte ich gern eine Stellungnahme.

WAGNER (AA): Die Bundesregierung ist über die Ankündigung der israelischen Regierung bezüglich der neun bisher auch nach israelischem Recht illegalen Außenposten und möglicherweise Tausende zusätzlicher Wohneinheiten für bestehende Siedlungen äußerst besorgt. Solche einseitigen Maßnahmen sind geeignet, die Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern zu verschärfen.

Wir erwarten, dass diese Maßnahmen nicht umgesetzt werden. Jetzt ist es vielmehr wichtiger, dass Gesprächen wieder eine Chance gegeben wird.

Unsere Haltung zur Siedlungspolitik haben wir hier schon oft dargelegt. Sie ist sehr deutlich und klar.

ZUSATZFRAGE: Gibt es Gespräche mit der israelischen Regierung über diesen Fall?

WAGNER Wir sind mit unseren israelischen Partnern auf verschiedensten Ebenen kontinuierlich im Gespräch. Insofern ist das immer auch Thema von Gesprächen.

Mögliche Kontakte zwischen der iranischen Exilopposition und der Münchner Sicherheitskonferenz

FRAGE: Die iranische Opposition hat sich am Wochenende in Washington unter der Ägide des ehemaligen iranischen Kronprinzen Reza Pahlavi formiert. Sie ist auch zur Münchner Sicherheitskonferenz eingeladen.

Wird es dort Kontakte mit der Opposition geben? Gab es schon Kontakte mit der Opposition?

WAGNER (AA): Dazu liegen mir keine Informationen vor.

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