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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 24.02.2023

24.02.2023 - Artikel

Reise der Bundesaußenministerin nach Genf

WAGNER (AA): Ich darf Ihnen eine Reise der Außenministerin am Montag, den 27. Februar, nach Genf zu den Vereinten Nationen ankündigen. Anlass der Reise ist ihre Teilnahme an dem sogenannten „High Level Segment“ des 52. Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen sowie an der Genfer Abrüstungskonferenz. Für all diejenigen, die die Genfer Abrüstungskonferenz nicht kennen, lassen Sie mich ausführen, dass sie das einzige ständige weltweit repräsentative und multilaterale Verhandlungsforum für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung ist. Ihr gehören 64 Staaten an. Die Außenministerin wird vor beiden Foren eine Rede halten.

Zudem wird die Außenministerin in Genf an einer Geberkonferenz zur humanitären Krise im Jemen teilnehmen und auch dort sprechen. Darüber hinaus sind weitere bilaterale Gespräche geplant, unter anderem mit ihrer Amtskollegin aus der Republik Chile.

Für ca. 12.50 Uhr ist eine Pressebegegnung in Genf vorgesehen.

Angriff Russlands auf die Ukraine

[…]

FRAGE: Herr Büchner, wie bewerten die Bundesregierung und der Bundeskanzler den Zwölfpunkteplan aus China, der heute in seinen Details bekannt wurde?

BÜCHNER (BReg): Als einem ständigen Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen kommt China eine ganz besondere Verantwortung zur Beendigung des russischen Krieges gegen die Ukraine zu. Deswegen ist es gut, dass Peking eigene Ideen vorgestellt hat. Der chinesische Plan enthält eine Reihe wichtiger Punkte, etwa die klare Ablehnung jeglichen Gebrauchs von Atomwaffen. Gleichzeitig fehlen aus unserer Sicht wichtige Elemente, zuvorderst der Rückzug russischer Truppen aus der Ukraine.

Wichtig ist, dass China diese Ideen nun auch direkt mit der Ukraine bespricht. Nur so kann eine ausgewogene Lösung gefunden werden, die die legitimen Interessen der Ukraine berücksichtigt.

ZUSATZFRAGE: Sie haben gerade schon das Thema eines Truppenrückzugs Russlands angesprochen. Stellt er für die Bundesregierung eine Vorbedingung für direkte Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine dar ‑ so hat es beispielsweise auch Herr Melnyk heute erneut formuliert ‑, oder reicht ein Waffenstillstand als Vorbedingung für Gespräche?

BÜCHNER: Ich denke, ich bleibe ganz eng bei dem, was auch der Bundeskanzler immer wieder als Linie kommuniziert hat. Bedingungen für Gespräche, Bedingungen für die Beendigung dieses Krieges definieren wir nicht von außen. Das definiert die Ukraine selbst. Wenn die Ukraine sagt, für sie ist ein Truppenrückzug eine Bedingung, dann ist das, denke ich, eine nachvollziehbare Position.

FRAGE: Es fällt auf, dass der allererste Punkt, den China nennt, der Respekt vor der uneingeschränkten Souveränität und territorialen Integrität jedweder Nation ist. Genau das ist ja der Hauptvorwurf an Russland, dass dies verletzt wird. Sehen Sie in der Position eins des chinesischen Papiers eine indirekte Kritik an Russlands Angriffskrieg durch China?

BÜCHNER: Ich möchte jetzt keine Haltungsnoten und keine Einzelbewertung dieser Vorschläge vornehmen. Aber wie gesagt: Es ist gut, dass China hier Verantwortung übernimmt und sich mit eigenen Vorschlägen einbringt.

FRAGE: Ein weiterer Einzelpunkt ist, dass China sagt, nukleare Anlagen, Kraftwerke vor allem, müssten geschützt und von Angriffen freigehalten werden. Ist das ein Ansatzpunkt, bei dem Sie sagen, hierzu wären konkrete Verhandlungen vor allem zwischen den Kriegsparteien möglich?

BÜCHNER: Das geht genau in die gleiche Richtung. Das ist jetzt eine Einzelexegese der Vorschläge, die ich nicht vornehmen möchte. Ich glaube, Sie wissen, dass es für die Bundesregierung und auch für die Europäische Union insgesamt ein großes Anliegen ist, dass Atomkraftwerke und ähnliche Anlagen geschützt sind und nicht angegriffen werden.

WAGNER (AA): Vielleicht kann ich dazu noch ergänzen, nicht dass der Eindruck stehen bleibt, das ist jetzt etwas, was neu auf dem Tisch ist. Genau dieses Thema ist Gegenstand von schon sehr langen Bemühungen vor allen Dingen der Vereinten Nationen und der IAEO, sich um die Sicherheit der nuklearen Anlagen in der Ukraine zu bemühen, vor allen Dingen auch das Atomkraftwerk Saporischschja. Hierzu haben wir hier immer wieder vorgetragen. Das sind Bemühungen, die wir stark unterstützen. Insofern ist das kein neues Thema, das auf den Tisch gelegt wird.

[…]

Todesurteil gegen Jamshid Sharmahd im Iran

FRAGE: Ich habe eine Frage an das Auswärtige Amt. Herr Wagner, meine Frage bezieht sich auf die Reaktion des Auswärtigen Amtes in Bezug auf die Gerichtsprozesse im Iran über den Verurteilten mit doppelter Staatsbürgerschaft.

In Anbetracht der Tatsache, dass der Verurteilte vor seiner Festnahme ‑ ich betone: vor seiner Festnahme ‑ in diversen gegnerischen Fernsehprogrammen zur Gewalt und zum Terror im Iran aufgefordert hatte und er nachweislich die Beauftragung der terroristischen Explosion bei einer religiösen Veranstaltung in Schiras im April 2008, bei der 14 Unschuldige, darunter auch Kinder, getötet wurden und 215 weitere verletzt wurden, nicht abgestritten hat, möchte ich die Frage stellen, ob das Auswärtige Amt über seine terroristischen Aktivitäten Kenntnis hat oder nicht. Das wäre die zentrale Frage. Waren die Filmbeiträge über die Terrorattentate im Iran, bei denen er eine Rolle spielte, durch das Auswärtige Amt angeschaut worden oder nicht? ‑ Danke.

WAGNER (AA): Sie beziehen sich ja auf das Todesurteil gegen Jamshid Sharmahd, zu dem ich hier am Mittwoch sehr ausführlich Stellung genommen habe. Lassen Sie mich noch einmal sagen, dass wir klar der Auffassung sind, dass ganz wesentliche Rechte dieses Mannes in dem Verfahren verletzt worden sind und dass wir das auch nicht akzeptieren. Im Weiteren würde ich Sie auf das verweisen, was ich schon am Mittwoch zu diesem Fall gesagt habe. Unsere Haltung ist da sehr eindeutig und sehr klar.

ZUSATZFRAGE: Auf meine Frage wollen Sie nicht eingehen, ob die Filme, die eine Art Geständnis sind, vor seiner Festnahme durch das Auswärtige Amt angeschaut worden sind, möglicherweise im Nachhinein?

VORS. WELTY: Ich darf Sie bitten, die Mütze abzunehmen.

ZUSATZ: Ach so, ja.

VORS. WELTY: Kopfbedeckungen sind hier nicht üblich. Danke schön.

ZUSATZ: Wegen einer Erkältung muss ich darauf ein bisschen Rücksicht nehmen.

WAGNER: Ich kann noch einmal eindeutig sagen, dass wir der starken Auffassung sind, dass Jamshid Sharmahd zu keinem Zeitpunkt auch nur den Ansatz eines fairen Gerichtsverfahrens hatte. Er hatte keinen Zugang zu einem frei gewählten Rechtsbeistand. Er wurde öffentlich zur Schau gestellt, was einer Vorverurteilung gleichkommt. Auch die unter höchst fragwürdigen Umständen zustande gekommene Festnahme haben wir schon kritisiert. Zum anderen lehnen wir natürlich die Todesstrafe unter allen Umständen und überall ab. Insofern ist dies das, was ich zu diesem Zeitpunkt hier von dieser Stelle zu diesem Fall zu sagen habe.

ZUSATZFRAGE: Jenseits der Tatsachen, die tatsächlich zu beachten sind, ist diese Aktion des Auswärtigen Amtes geschehen. Die Frage ist, ob man sich bemüht, zum Beispiel im Nachhinein solche Filme anzuschauen, worauf ein Geständnis ist.

WAGNER: Die Punkte, die Sie aufwerfen, müssten in einem ordnungsgemäßen rechtsstaatlichen Verfahren erörtert werden. Wir sind der festen Überzeugung, dass das nicht der Fall war. Wir verurteilen insofern die Verurteilung von Jamshid Sharmahd und haben auch die Schritte ergriffen, die wir ergriffen haben.

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