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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 26.04.2023

26.04.2023 - Artikel

Jahresabrüstungsbericht 2022

HEBSTREIT (BReg): […] Ebenfalls beschlossen hat die Bundesregierung heute den Jahresabrüstungsbericht 2022. Er informiert, wie in jedem Jahr, Bundestag und Öffentlichkeit über die Leitlinien, inhaltliche Schwerpunkte sowie zentrale Entwicklungen der deutschen Abrüstungs-, Nichtverbreitungs- und Rüstungskontrollpolitik im zurückliegenden Jahr.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die europäische Sicherheitsarchitektur und die internationale regelbasierte Ordnung tief erschüttert und, wie Sie alle wissen, das vergangene Jahr stark geprägt. Die destruktive, auf Konfrontation ausgelegte russische Haltung hat auch negative Auswirkungen auf die Zusammenarbeit im Bereich der Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung. Ein Beispiel hierfür war die Überprüfungskonferenz des Nuklearen Nichtverbreitungsvertrages. Trotz des Engagements vieler Staaten verhinderte Russland, dass ein gemeinsames Abschlussdokument angenommen werden konnte.

Deutschland hat geschlossen mit seinen Verbündeten und Partnern weltweit auf die veränderte sicherheitspolitische Lage reagiert, sich für die Bewahrung bestehender abrüstungs- und rüstungskontrollpolitischer Bestimmungen und Abkommen eingesetzt und, wo möglich, diese weiter vorangetrieben. Aufgrund der geopolitischen Lage muss auch für 2023 von einem herausfordernden Jahr in diesen Fragen ausgegangen werden. Deutschland wird sich aber weiterhin gemeinsam mit seinen Partnern für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung in einer regelbasierten Weltordnung einsetzen.

Wie üblich ‑ das ist dann der Service von uns ‑ wird der Jahresabrüstungsbericht 2022 auf der Internetseite des Auswärtigen Amtes eingestellt und nachzulesen sein.

FRAGE: Ich habe es nicht ganz verstanden: Steht im Jahresabrüstungsbericht jetzt irgendetwas über tatsächliche Abrüstung?

WAGNER (AA): Vielen Dank für die Frage. Der Bericht skizziert die Herausforderungen im Bereich der Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung von nuklearen, chemischen und biologischen Massenvernichtungswaffen einschließlich ihrer Trägersysteme im Berichtszeitraum 2022. Gleichzeitig geht er eben auch auf Entwicklungen im konventionellen Bereich ein und adressiert neue technologische Entwicklungen und ihre sicherheits- und rüstungskontrollpolitischen Implikationen. Insofern formuliert der Bericht ‑ das hat der Regierungssprecher auch schon ausgeführt ‑ die entsprechenden abrüstungs- und rüstungskontrollpolitischen Bemühungen der Bundesregierung, vor allen Dingen der internationalen Bemühungen während des vergangenen Jahres in den verschiedenen Themenfeldern.

ZUSATZFRAGE: Aber über tatsächliche Abrüstungsmaßnahmen kann nicht berichtet werden, oder? Steht eigentlich ein Aufrüstungsbericht in Aussicht?

WAGNER: Für uns sind vier Punkte in diesem Bericht und in der internationalen Rüstungskontrollpolitik ganz zentral. Es geht darum, existierende Verträge und Regime zu bewahren. Weil das Thema Sie interessiert, wissen Sie ja selbst, wie schwierig da die Diskussionen auch aufgrund der Positionierung einiger Akteure international ist. Es geht auch darum, haltlose Behauptungen einzugrenzen und internationale Völkerrechtsregime vor Desinformationskampagnen zu schützen. Es geht außerdem darum, unser Engagement im Bereich der konventionellen und humanitären Rüstungskontrolle weiter voranzutreiben. Zum Beispiel kann ich da den Einsatz gegen Antipersonenminen nennen. Es geht auch darum, neue rüstungskontrollpolitische Herausforderungen aktiv anzugehen. Das sind ja solche Dinge wie Weltraum, Cyber und künstliche Intelligenz. Insofern würde ich mir Ihre Einschätzung nicht zu eigen machen; vielmehr geht es da schon um sehr konkrete Fragen, die die Rüstungskontrolle weltweit befassen.

Visumsantrag eines afghanischen Staatsbürgers bei der deutschen Botschaft in Islamabad

FRAGE: Ich habe zwei Fragen, die erste an das Auswärtige Amt. Herr Wagner, ich beziehe mich auf einen Zeitungsbericht über einen Visumsantrag eines offenbar afghanischen Staatsbürgers bei unserer Botschaft in Islamabad. Die Botschaft in Islamabad soll ‑ ich formuliere es vorsichtig ‑ unsicher gewesen sein, ob man dieses Visum erteilen solle. Es soll ‑ ich sage es in aller Vorsicht ‑ die Anweisung aus dem Auswärtigen Amt gegeben haben, dieses Visum zu erteilen, obwohl der Pass gefälscht oder nicht in Ordnung ist.

Können Sie erklären, wie sich der Sachstand aus Ihrer Sicht darstellt?

WAGNER (AA): Das tue ich gern. Ich habe diesen Bericht natürlich auch gesehen. Lassen Sie mich vorweg einmal sagen, dass die Bundesregierung und natürlich auch das Auswärtige Amt nach Recht und Gesetz entscheiden ‑ die Medienberichterstattung, die ich gesehen habe, insinuiert etwas anders ‑ und dass die maßgeblichen Vorgaben für die Frage, wer nach Deutschland kommen kann und wer nicht, die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes sind.

Zu dem von Ihnen geschilderten Fall: Dabei ging es um die für mein Haus, für das Auswärtige Amt, rechtlich erforderliche Umsetzung eines Vergleichs. Der Antragsteller, auf den Sie abstellen, hatte vor dem Verwaltungsgericht in Berlin mit absehbarem Erfolg auf die Ausstellung eines Visums geklagt. Der Vergleich, der geschlossen wurde, verpflichtet uns bzw. die Botschaft in Islamabad, das Visum auszustellen.

Die Frage nach der Visierfähigkeit des Passes, der in dem Einzelfall problematisch ist, kam erst danach auf. Wenn ein Pass nicht visierfähig ist, dann kann im Einzelfall ein sogenannter Reiseausweis für Ausländer beantragt werden. Hierfür wird auch die Identität der Person noch einmal überprüft. Zu dem Aspekt des Reiseausweises für Ausländer läuft jetzt ein Verfahren. Weil es ein laufendes Verfahren ist, kann ich mich zu diesem Aspekt jetzt nicht im Detail einlassen. Aber ich hoffe, der Hintergrund, den ich Ihnen geschildert habe, macht die Sache ein wenig klarer.

Bestätigung des Todesurteils gegen einen Doppelstaatler im Iran

FRAGE: Im Iran hat der oberste Gerichtshof gerade ein Todesurteil gegen einen Doppelstaatler, Herrn Sharmahd, bestätigt. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob das Auswärtige Amt aktiv geworden ist und wie Sie die Bestätigung des Todesurteils betrachten.

WAGNER (AA): Vielen Dank. Wir haben mit Bestürzung diese Meldung gesehen, wonach der iranische oberste Gerichtshof vor wenigen Stunden das Todesurteil gegen Herrn Sharmahd bestätigt hat. Unser Geschäftsträger ist in Teheran und hat sich hierzu bereits dringend an die iranische Seite gewandt, um das zu verifizieren; denn wenn das zutreffen würde, wäre die Lage tatsächlich ausgesprochen ernst, und damit wäre der Berufungsprozess ja abgeschlossen. Sie wissen ja, und wir haben uns hier ja schon öfter zu diesem Fall eingelassen, dass das Todesurteil gegen Djamshid Sharmahd absolut inakzeptabel ist und dass in dem Verfahren zu keinem Zeitpunkt auch nur der Ansatz eines fairen Prozesses gewährleistet war. Insofern wäre das, wenn sich das tatsächlich bestätigt, ein sehr schwerwiegender Vorgang.

FRAGE: Herr Wagner, Amnesty International hat die Bundesregierung zu eindeutigen und wahrnehmbaren diplomatischen Konsequenzen aufgefordert. Welche Konsequenzen bedeutet das jetzt also? Welche Konsequenzen wollen Sie ziehen?

WAGNER: Sehen Sie es mir nach, dass ich mich zu diesem Zeitpunkt hier und an dieser Stelle dazu jetzt noch nicht äußern kann. Ich habe ja gesagt: Wir sind gerade mit Hochdruck dabei, das zu verifizieren.

FRAGE: Herr Wagner, es gibt ja eine ganze Reihe von Parlamentariern, sowohl hier im Bundestag als auch im Europäischen Parlament, die mittlerweile politische Patenschaften für Inhaftierte im Iran, aber mittlerweile auch in Belarus übernommen haben. Können Sie einmal aus Sicht des Auswärtigen Amtes sagen, wie Sie diesen Effekt betrachten? Hat das also einen positiven Effekt? Können Sie nachvollziehen, dass die Regierung in einigen Fällen ‑ in dem Fall dann die iranische ‑ tatsächlich auf die Forderungen nach Freilassung oder besserer Behandlung der Häftlinge eingeht?

WAGNER: Sehen Sie es mir nach, dass ich diese parlamentarischen Initiativen hier nicht als Sprecher des Auswärtigen Amtes kommentieren kann. Im Fall von Herrn Sharmahd hat das ja, wenn sich dieser Bericht bestätigen sollte, offensichtlich keinen Effekt gehabt. Aber es ist natürlich bei allem, was wir tun, immer gut, wenn wir diese Fälle sozusagen öffentlich thematisieren und, wie wir es ja auch tun, sie auf unseren diplomatischen Kanälen thematisieren. Bei Herrn Sharmahd ist es ja auch so, dass wir uns ‑ das werden wir natürlich auch weiterhin tun ‑ mit Nachdruck für seinen Fall einsetzen.

FRAGE JORDANS: Herr Wagner, welchen Zugang hatte die Botschaft denn zu Herrn Sharmahd im Gefängnis bzw. während der Verhandlungen? Ich nehme an, gar keinen.

WAGNER: Genau. Ich hatte hier auch schon mehrfach ausbuchstabiert, dass uns der Iran bei Doppelstaatlern den konsularischen Zugang verweigert, was nicht heißt, dass wir uns in unseren Gesprächen nicht mit Nachdruck für diesen einsetzen. Die Kolleginnen und Kollegen der dortigen Botschaft sind auch bei den Verfahren gewesen, wurden aber nicht in den Gerichtssaal vorgelassen. Wir machen es also anhängig, dass Herr Sharmahd als deutscher Staatsangehöriger, und das ist er, natürlich Anrecht auf konsularischen Beistand hat.

Evakuierung deutscher Staatsangehöriger aus Sudan

FRAGE: Ich habe eine Frage zum Sudan, Herr Wagner. Wie viele Deutsche befinden sich denn aktuell noch im Sudan, und wie wird da jetzt weiter verfahren?

WAGNER (AA): Vielen Dank für die Frage. Vielleicht sage ich einmal, da das heute hier noch kein Thema war: Sie haben ja zur Kenntnis genommen, dass heute das vorläufige Ende der Evakuierungsflüge der Bundeswehr aus Khartum angesetzt worden ist. Damit geht diese erste Phase der Evakuierung zu Ende. Aber wir bleiben natürlich mit Hochdruck an dieser Krise dran.

Vielleicht nenne ich noch einmal die Zahlen: Wir, die Kolleginnen und Kollegen der Bundeswehr, des Verteidigungsministeriums und des Auswärtigen Amtes, die dabei Hand in Hand arbeiten, haben seit Sonntag rund 700 Personen aus dem Sudan evakuiert. Der Großteil ist über Jordanien ausgereist. Rund 500 der Evakuierten konnten bereits nach Deutschland weiterreisen. Die letzten rund 200 Personen erwarten wir heute. Unter den Evakuierten sind rund 200 Deutsche, darunter eben auch die Kolleginnen und Kollegen unserer Auslandsvertretung in Khartum. Es sind auch rund 200 europäische Staatsangehörige sowie rund 300 Drittstaatsangehörige darunter, zum Beispiel 120 Kanadier.

Es ist so, dass wir jetzt weiterhin davon ausgehen, dass sich eine niedrige dreistellige Zahl Deutscher im Sudan auffällt. Ich sage ausdrücklich „Sudan“; das betrifft nicht nur Khartum. Jetzt arbeiten die Kolleginnen und Kollegen im Krisenreaktionszentrum natürlich mit Hochdruck daran, Kontakt zu diesen Menschen aufzubauen, wenn wir ihn noch nicht haben. Wir haben es hier ja auch oft geschildert: Es ist in diesen Krisensituationen mit der ELEFAND-Liste nicht immer so einfach. Es gibt manchmal Nachregistrierungen und Eintragungen, hinsichtlich derer sich herausstellt, dass die Menschen es schon geschafft haben, das Land zu verlassen, es uns aber noch nicht gemeldet haben. Wir arbeiten also mit Nachdruck daran, Kontakt herzustellen und zu schauen, auf welchen Wegen wir die Ausreise dieser wenigen Deutschen, die dort noch verblieben sind, bewerkstelligen können.

Sie wissen auch, und das hatte ich ja am Montag hier schon ausgeführt, dass eine gewisse Anzahl Deutscher, eine zweistellige Zahl, mit dem UN-Konvoi nach Port Sudan evakuiert werden konnte. Neun Deutsche wurden mit französischen Flügen nach Dschibuti ausgeflogen, einige andere haben sich auf dem Landweg durchgeschlagen. Das ist jetzt einmal der aktuelle Stand.

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