Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungs­­­­­pressekonferenz vom 24.07.2023

24.07.2023 - Artikel

Auslaufen der Visaregelung für die Betroffenen des Erdbebens in der Türkei

FRAGE: Die Visaregelung für die Betroffenen des Erdbebens in der Türkei läuft unserer Kenntnis nach am 6. August aus und soll nicht verlängert werden. Ist das korrekt? Was spricht dagegen, diese Visa zu verlängern, wo doch viele immer noch kein Dach über dem Kopf haben? Ich denke, die Frage geht an das Auswärtige Amt.

SASSE (AA): Ich kann gern anfangen, und vielleicht möchte die Kollegin aus dem Innenministerium dann ja noch ergänzen.

Es ist so, dass diese Regelung direkt nach dem Erdbeben von beiden Ministerien zusammen eingeführt wurde, um den Betroffenen, die sich, wie Sie gerade selbst geschildert haben, direkt nach diesem Erdbeben in Notlagen befanden, möglichst unbürokratisch und pragmatisch Hilfe zu leisten. Es ging vielen Betroffenen darum, dass sie zu Angehörigen nach Deutschland kommen wollten, und die Erfüllung dieses Wunsches sollte eben durch eine erleichterte Visavergabe möglich gemacht werden. Es ist aber natürlich so ‑ das haben sowohl Außenministerin Baerbock als auch Innenministerin Faeser bei ihrer gemeinsamen Reise in das Erdbebengebiet sehr deutlich gemacht ‑, dass das eine Regelung war, die von vornherein für eine gewisse Zeit angelegt war. Sie diente dazu und sollte von vornherein dazu dienen, den Betroffenen in einer Notlage zu helfen, und es war von vornherein nicht gedacht, das als auf Dauer angelegte Lösung zu handhaben ‑ auch deswegen, weil es ja eingeübte Visaverfahren gibt, die natürlich parallel weiterlaufen. Wir haben viele Auslandsvertretungen in der Region, die sich jeden Tag mit Visaanträgen befassen und diese bearbeiten. Diese normale Visaantragstellung läuft natürlich weiter. Es ist also nur so, dass dieses beschleunigte unbürokratische Verfahren ausgesetzt wird ‑ ab dem 6. August, wie Sie richtig feststellen.

ZUSATZFRAGE: Das heißt, aus Ihrer Sicht ist die Notlage nicht mehr gegeben, oder warum wird diese Regelung nicht verlängert?

SASSE: Vielleicht noch einmal zur Einordnung: Wir haben seit dem Erdbeben insgesamt 16 200 Visa für Personen ausgestellt, die von den Erdbeben betroffen sind. Mehr als 12 300 davon waren Schengen-Visa nach dem vereinfachten Verfahren. Mehr als 3800 waren Visa zum Daueraufenthalt im Rahmen des Familiennachzugs. Es gab also durchaus auch in diesem Zeitraum Visa für einen Daueraufenthalt im Rahmen des Familiennachzugs. Wir haben das alles ermöglicht, indem wir diese Anträge sehr stark gegenüber anderen Anträgen priorisiert haben. Auch das lässt sich natürlich nur eine gewisse Zeit lang rechtfertigen, weil auch die anderen Menschen, die Anträge auf Visa für den Schengen-Raum stellen, ein Recht darauf haben, dass diese Anträge innerhalb einer gewissen Zeit bearbeitet werden. Deswegen kann eine Priorisierung eben auch nur für eine gewisse Zeit stattfinden.

ZUSATZFRAGE: Was ist denn jetzt der konkrete Grund dafür, dass Sie nicht verlängern? Ist diese Notlage aus Ihrer Sicht nicht mehr gegeben? Das war ja der Ursprungsgrund für diese Regelung.

SASSE: Insgesamt haben wir einen starken Rückgang von Visa für Betroffene der Erdbeben festgestellt. Das ist aus unserer Sicht einer der Gründe; es gibt da aber eine ganze Vielzahl von Gründen, auf die ich hier nicht im Detail eingehen möchte. Es gibt natürlich, wie immer, unterschiedliche Erwägungen, die wir gemeinsam abwägen und die hier, wie gesagt, dazu geführt haben, dass das normale Visaantragsverfahren aus unserer Sicht jetzt ausreicht, um den Wünschen der Betroffenen Genüge zu leisten.

FRAGE: Was passiert jetzt eigentlich mit türkischen Bürgern, die aufgrund des Sondervisums nach Deutschland gekommen sind, wenn diese Regelung ausläuft? Müssen die jetzt in die Türkei zurückkehren, müssen die eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung beantragen?

BEYLAGE-HAARMANN (BMI): Wenn das Visum ausläuft, dann ist das Aufenthaltsrecht damit zunächst auch ausgelaufen. Ob ein weiteres Aufenthaltsrecht besteht und beantragt werden kann, das entscheiden dann die örtlich zuständigen Ausländerbehörden. Es ist also durchaus so, dass Personen, die jetzt hier sind und über diese Regelung nach Deutschland gekommen sind, bei der Ausländerbehörde einen Antrag auf Aufenthalt stellen können.

Waldbrände in Griechenland

FRAGE: Gibt es aus den Regionen, die zurzeit von den Waldbränden in Griechenland betroffen sind, in irgendeiner Weise ein Hilfegesuch? Hat Deutschland möglicherweise schon Hilfe angeboten oder sind konkrete Hilfseinsätze geplant?

SASSE: Ich kann gerne anfangen, und die Kollegen können dann gern noch ergänzen.

Zur allgemeinen Lage auf Rhodos: Sie können sich vorstellen, dass wir als Bundesregierung seit dem Ausbruch der Waldbrände und aufgrund dessen Folgen für die Touristen, die vor Ort sind, die Lage natürlich sehr genau verfolgen. Wir sind mit Personal vor Ort, das sich um die Betroffenen ganz konkret kümmert. Wir verfolgen die Lage weiterhin sehr genau, und wir sind in engstem Kontakt mit den griechischen Behörden und auch mit den deutschen Reiseveranstaltern vor Ort. Es sind ja viele Pauschaltouristen, die von der Situation betroffen sind, und dementsprechend wenden die sich natürlich zumeist mit Recht an die Reiseveranstalter, die ihre Reisen jeweils organisiert haben.

Die Lage hat sich leider nicht verbessert, muss man feststellen. Ich kann Ihnen auch ankündigen, dass es um 13 Uhr eine erneute Sitzung des Krisenstabs der Bundesregierung im Auswärtigen Amt geben wird, in der noch einmal über die Lage beraten wird. Wir werden uns natürlich auch mit den Kollegen, die vor Ort sind, abstimmen und dann gemeinsam als Bundesregierung auch über mögliche weitere Maßnahmen entscheiden.

Wenn Sie über Hilfe sprechen, dann geht es natürlich in allererster Linie, da Griechenland Mitgliedstaat in der EU ist, um den europäischen Hilfemechanismus, der hier sozusagen von Griechenland gezogen werden kann. Es gibt gewisse Hilfsangebote, die aus Deutschland bereits an Griechenland übermittelt wurden. Allerdings ist es natürlich an der griechischen Seite, den Bedarf, den es vor Ort gibt, genau zu übermitteln. Dann schauen wir im Rahmen unserer europäischen Abstimmung ganz genau, wie dieser Bedarf erfüllt werden kann und was Deutschland da genau tun kann. Alle Beratungen und Abstimmungen dazu ‑ auch mit der griechischen Seite ‑ laufen auf Hochtouren, das kann ich Ihnen versichern. Auch das wird heute natürlich im Rahmen des Krisenstabs noch einmal genau erörtert.

BEYLAGE-HAARMANN (BMI): Ich kann ergänzen, dass auch die Bundespolizei bei der Rückkehr von Touristen unterstützt. Außerdem waren auch deutsche Feuerwehrkräfte bereits vor Ort. Die sind inzwischen zurückgekehrt. Für weitere Hilfe ‑ Frau Sasse hat es gesagt ‑ stehen wir bereit, aber es ist nun an den griechischen Behörden, diese Hilfe auch genauer spezifizieren und anzufordern. Die deutschen Katastrophenschutzbehörden stehen aber zur Hilfe bereit.

ZUSATZFRAGE: Ich höre da heraus, dass die Griechen noch nichts abgerufen haben Sie haben aber von konkreten Hilfsangeboten gesprochen. Was haben Sie denn konkret angeboten?

SASSE: Das ist nicht unbedingt nur auf Bundesebene. Deswegen kann ich hier nur für die Bundesregierung feststellen, dass wir uns, wie gesagt, zu Hilfsangeboten in Abstimmungen mit der griechischen Regierung und teilweise mit einzelnen deutschen Bundesländern befinden, aber dass der genaue Bedarf erst einmal festgestellt werden muss, sodass wir das dann entsprechend erfüllen können.

ZUSATZFRAGE: Aber was könnte Deutschland denn leisten?

SASSE: Das kann ich an dieser Stelle nicht spezifizieren, weil es um den Bedarf geht, den Griechenland selber feststellt und den Griechenland selber anfordert. Das erfolgt über den europäischen Hilfsmechanismus, den es aus gutem Grund für solche Situationen gibt; denn man will an einzelnen Orten ja auch nicht zu viel von bestimmtem Material oder Personal haben, was dann wiederum die Hilfe vor Ort verhindern oder erschweren würde. Deswegen muss das genau abgestimmt werden.

FRAGE: Sie haben gesagt, es werde über weitere Maßnahmen entschieden. Frankreich, Italien und andere EU-Länder sind da ja mit Löschflugzeugen vor Ort. Wäre das auch denkbar? Gibt es ein entsprechendes Ersuchen aus Athen?

BEYLAGE-HAARMANN: Ein entsprechendes Ersuchen liegt uns derzeit nicht vor. Es ist so, dass zunächst die Länder, die näher an Griechenland liegen, unterstützt haben ‑ auch mit Löschmaterial. Wie es jetzt weitergeht ‑ Frau Sasse hat es ausgeführt ‑, werden wir dann lageabhängig und nach den Bedarfen der Griechen entscheiden.

FRAGE: Frau Sasse, ist auch eine Reisewarnung ein Thema?

SASSE: Wie Sie wissen, halten wir unsere Reise- und Sicherheitshinweise, denen Sie auf unserer Webseite und auch über die App folgen können, regelmäßig aktuell. Wir haben sie bereits am Wochenende angepasst, und sie werden auch weiterhin ‑ wie das immer in diesen Fällen ist ‑ von den Kolleginnen und Kollegen im Auswärtigen Amt, die dafür zuständig sind, laufend überprüft und, wenn nötig, angepasst. Insofern kann ich an dieser Stelle nur dazu ermuntern, den jeweils aktuellen Stand über die Webseite und die App abzufragen.

FRAGE: An das BMI: Gibt es Zahlen der Regierung, wie viele Touristen ausgeflogen wurden?

BEYLAGE-HAARMANN: Die liegen uns zurzeit nicht vor.

FRAGE: Frau Sasse, bei der Bekämpfung von Waldbränden in der näheren Umgebung hier hat es Aufmerksamkeit erregt, dass Kommunen dafür dann Rechnungen von Landes- oder Bundesbehörden geschickt wurden. Vor diesem Hintergrund: Kann man davon ausgehen, dass bei dieser Art von internationaler Hilfe durch die nationalen Regierungen dann keine Rechnungen geschickt werden, sondern dass das eine gegenseitige solidarische Hilfeleistung ist?

SASSE: Ich kann da gar nicht auf einzelne Details der Rechnungslegung eingehen, weil es ja den angesprochenen europäischen Mechanismus gibt, über den das innerhalb der Europäischen Union läuft. Wie das dann rechnungslegungstechnisch funktioniert, kann ich Ihnen schlichtweg nicht sagen, weil es dann eben der europäische Mechanismus ist, der da greift.

Ich glaube aber, man kann an dieser Stelle noch einmal feststellen: Natürlich ist uns allen daran gelegen, Griechenland in dieser schwierigen Lage zu helfen. Wir alle wissen um die Folgen der Klimakrise gerade im Süden Europas. Auch in den vergangenen Jahren kam es ja immer wieder zu sehr schweren Waldbränden auch auf dem griechischen Festland. Auch da ist uns allen in der Europäischen Union, aber auch darüber hinaus, natürlich daran gelegen, Solidarität mit Griechenland zu zeigen und Griechenland dabei pragmatisch zu unterstützen, wie die Kollegin aus dem BMI es eben dargelegt hat.

Vielleicht kann ich an dieser Stelle, weil das schon angedeutet wurde, auch noch einmal sagen: Auch die Türkei hat ja beispielsweise Griechenland in dieser Situation als Nachbarland schon sehr unbürokratisch bei der Bekämpfung der Brände und bei der Bewältigung dieser akuten Notlage unterstützt. Wir werten es natürlich als sehr erfreuliches Zeichen, dass es gerade im Verhältnis zwischen Griechenland und der Türkei in solchen Situationen zu konkreten Hilfsleistungen kommt, die dann natürlich auch eine gewisse Vertrauensbildung zwischen den beiden Staaten zur Folge haben.

ZUSATZ: Danke schön! Falls Ihnen dennoch zu Ohren kommt oder zu Wissen kommt, dass diese Hilfe sozusagen rechnungsstellungsfrei erfolgt, dann wäre eine Nachlieferung nett.

FRAGE: Wer nimmt an der Sitzung des Krisenstabs genau teil? Sind das nur Mitarbeiter des AA?

SASSE: Nein, das ist, wie immer in solchen Fällen, der Krisenstab der Bundesregierung im Auswärtigen Amt. Wie immer sind da Vertreterinnen und Vertreter aller Ressorts und zuständigen Institutionen und Organisationen vertreten, in diesem Fall natürlich auch Vertreter der Reiseverbände und Reiseorganisationen.

Geplante Justizreform in Israel

FRAGE: Frau Sasse, in Israel wird berichtet, dass es jetzt die heißen Tage in Sachen der sogenannten Justizreform in Jerusalem und Tel Aviv gibt. Es gab jetzt auch ein Statement der israelischen Stabschefs von Mossad und Schin Bet, von den Generälen sowie von Ex-Sicherheitsbeamten in einem Brief an Netanjahu, die ihn aufgefordert haben, diese sogenannte Justizreform zurückzuziehen. Herr Biden, der US-Präsident, hat sich auch indirekt an Herrn Netanjahu gewandt. Wie bewertet die Bundesregierung die Lage in Israel? Hat sich der Kanzler vielleicht auch eingeschaltet, Herr Hebestreit?

SASSE (AA): Ich fange gerne einmal an. Ich kann Ihnen versichern, dass wir die Entwicklung in Israel sehr genau verfolgen. Die Diskussionen in der Knesset, dem israelischen Parlament, laufen ja zur Stunde. Ich kann natürlich zum jetzigen Zeitpunkt ‑ dafür muss ich Sie um Verständnis bitten ‑ keinerlei Prognose abgeben.

Was unsere Position angeht: Die haben wir ja mehrfach deutlich gemacht. Auch die Außenministerin hat das mehrfach selbst getan. So sind wir überzeugt, dass starke Institutionen, die Unabhängigkeit der Justiz und klare Regeln für eine Gewaltenteilung wichtig für jede Demokratie und jeden Rechtsstaat sind. Das gilt natürlich auch für Israel. Ich kann Ihnen auch sagen, dass die Außenministerin hinsichtlich der geplanten Justizreform gerade dieses Wochenende auch noch einmal in Kontakt mit ihrem israelischen Amtskollegen stand und diese Position dabei auch noch einmal deutlich gemacht hat.

HEBESTREIT (BReg): Zu aktuellen Kontakten des Bundeskanzlers mit der israelischen Regierung kann ich nichts beitragen.

ZUSATZFRAGE: Frau Sasse, es gab ‑ die Bilder konnten wir alle sehen ‑ auch Polizeigewalt in Jerusalem und Tel Aviv. Unter anderem wurden gegen Demonstranten gegen diese Reform Wasserwerfer usw. eingesetzt. Wie bewertet die Bundesregierung die Polizeigewalt?

SASSE: Das ist eine innenpolitische Debatte, die in Israel geführt wird. Es gibt in Israel Regeln, wie die Versammlungsfreiheit als ein hohes Gut auch der israelischen Demokratie gehandhabt wird. Dieser gesellschaftlichen Debatte, die da läuft, muss Zeit eingeräumt werden; das ist wichtig, auch aus unserer Sicht. Es ist natürlich wichtig, dass man auch in Israel zu einem Konsens kommt, was die Justizreform angeht.

Eine funktionierende Demokratie ‑ das will ich an dieser Stelle noch einmal sagen ‑, eine starke Justiz und eine lebendige Zivilgesellschaft sind Ausdruck des israelischen Systems, der israelischen Gesellschaft, und wir verfolgen das dementsprechend sehr genau.

FRAGE: Präsident Joe Biden hat seine Empfehlung, dass Netanjahu diese, in Anführungsstrichen, Reform doch eher zeitlich zurückfahren solle, um die Nation eben nicht weiter zu spalten, in einem Interview mit israelischen Journalisten gegeben. Das war sozusagen erkennbar öffentliche Wirkung über Bande, durch ein solches Interview erzielt. Ist es ein Weg, der auch für den Bundeskanzler oder die Außenministerin infrage kommt, sozusagen über veröffentlichte Äußerungen in Interviews eine solche Position zu beziehen?

HEBESTREIT: Meinen Sie das jetzt abstrakt oder im Konkreten?

ZUSATZ: Das meine ich im konkreten Fall.

HEBESTREIT: Der Bundeskanzler hat nicht über Bande und über Interviews, sondern im direkten Gespräch mit dem israelischen Ministerpräsidenten, als er im April hier war, seine Position sehr deutlich gemacht, auch in der anschließenden Pressekonferenz. Wir befinden uns in engen Gesprächen mit der israelischen Seite dazu und haben unseren Standpunkt, der nicht unbedingt in Gänze dem israelischen Standpunkt entspricht, immer wieder deutlich gemacht.

Ansonsten: Wir würden uns natürlich nie anmaßen, eine Wortmeldung des amerikanischen Präsidenten hier zu kommentieren.

ZUSATZFRAGE: Es gibt Berichte darüber, dass eben Einheiten der israelischen Streitkräfte, und zwar sowohl Reservisten als auch aktive, vor dem Hintergrund des Verfassungskonfliktes nicht mehr bereit seien, ihren Dienst zu versehen. Die Einsatzbereitschaft der israelischen Armee sei gefährdet. Hat die Bundesregierung eigene Erkenntnisse über einen solchen Sachverhalt?

HEBESTREIT: Darüber liegen mir keine Erkenntnisse vor, die ich hier mitteilen kann.

[...]

FRAGE: Ich habe noch einmal eine Frage zum Thema hebräischer Staat und das dortige Chaos. Befürchtet die Bundesregierung einen Bürgerkrieg in Israel?

SASSE: Sie beziehen sich noch einmal auf die Lage in Israel. Dazu haben wir schon ausgeführt. Es ist eine innenpolitische Debatte, die im Moment in Israel läuft. Es ist Ausdruck einer lebendigen Zivilgesellschaft, dass es dort Kundgebungen und unterschiedliche Meinungen gibt. Wir verfolgen jetzt, wie sich die Debatte weiter gestaltet. Wie gesagt, die Abstimmung über diese Justizreform, um die es im Kern geht, läuft heute in der Knesset.

Todesurteil gegen Jamshid Sharmahd in Iran

FRAGE: Es geht um den Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd, Frau Sasse. Seine Tochter berichtet nach einem Telefonat mit ihm, dass sie zumindest annimmt, dass sein Todesurteil kurz vor der Vollstreckung stehe. Hat die Bundesregierung ähnliche Erkenntnisse, und was tut sie aktuell?

SASSE (AA): Vielen Dank. Wir haben ja an dieser Stelle schon öfter über den Fall gesprochen. Ich kann Ihnen zum Telefonat zum einen natürlich sagen, dass wir uns von Anfang an dafür eingesetzt haben, dass es zu solchen Telefonaten kommt und dass diese Telefonate Herrn Sharmahd auch ermöglicht werden. Das haben wir ja immer wieder mit der iranischen Seite aufgenommen. Leider ist es so, dass diese Telefonate überhaupt nur sehr, sehr selten stattgefunden haben.

Was Ihre Frage danach angeht, wie es in diesem Fall weitergeht, ist es natürlich so, dass sich das iranische Handeln nur sehr schwer überhaupt vorhersagen lässt. Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass wir uns weiterhin mit aller Kraft und auf allen politischen Ebenen für Herrn Sharmahd einsetzen, vor allem dafür, dass die Todesstrafe, die gegen ihn verhängt wurde, nicht vollstreckt wird.

ZUSATZFRAGE: Die Tochter und andere Angehörige werfen Ihnen ja vor, eben nicht genug zu tun. Können Sie uns vielleicht ein bisschen mehr darüber verraten, was die Bundesregierung tut, wenn Sie „mit aller Macht“ sagen?

Es wird ja auch gefordert, dass sich der Kanzler persönlich einschaltet, Herr Hebestreit. Ich meine, dabei geht es um ein Todesurteil gegen einen Deutschen. Herr Hebestreit, hat der Kanzler das bisher gemacht?

HEBESTREIT (BReg): Das läuft im Augenblick über das Auswärtige Amt. Der Kanzler hat sich dabei nicht eingeschaltet. Die Schwierigkeit, die wir in diesem Fall insbesondere haben, ist, dass die iranische Seite nicht akzeptiert, dass es sich um einen Doppelstaatler handelt, und dadurch das konsularische Betreuen, das wir immer wieder angeboten und auf das wir gedrängt haben, auch vor Ort, einfach ablehnt. Es passiert immer wieder bei doppelten Staatsangehörigkeiten, dass wir bei bei gewissen Regimen keinerlei konsularischen Zugang haben. Das, was wir tun, ist, international Druck zu machen, das auch in bilateralen Gesprächen deutlich zu machen und auch den Druck aufrechtzuerhalten, dass ‑ das haben wir und das habe ich von dieser Stelle aus gemacht, dass haben die Kollegen und Kolleginnen aus dem Auswärtigen Amt gemacht, und das haben wir zu verschiedenen anderen Gelegenheiten immer wieder deutlich gemacht ‑ ein Ausführen eines solchen Todesurteils gravierende Konsequenzen auch für das deutsche-iranische Verhältnis hätte. Aber das sind die Möglichkeiten, die uns geboten sind, und die versuchen wir mit aller Kraft zu nutzen, aber unsere Kraft ist eben auch begrenzt.

FRAGE: Frau Sasse, können Sie uns sagen, wie viele Doppelstaatler, also deutsche Staatsbürger, derzeit in iranischen Gefängnissen einsitzen?

Hat die Bundesregierung Kenntnis, in welchem Gefängnis Herr Sharmahd sitzt? Seine Tochter weiß das offenbar nicht.

SASSE: Die genaue Zahl müsste ich Ihnen nachliefern.

Einzelheiten zu dem Fall Sharmahd ‑ da muss ich Sie um Verständnis bitten – kann an dieser Stelle nicht nennen. Ich kann Ihnen aber versichern: Auch die Angehörigen wissen das natürlich. Wir sind von Anfang an mit den Angehörigen von Herrn Sharmahd in Kontakt und wissen, dass die gesamte Familie Unvorstellbares durchmacht. Das berücksichtigen wir natürlich die ganze Zeit bei unseren Bemühungen.

Schlagworte

nach oben